Platte oder Sofa machen

Wer in Deutschland wie ohne eine Bleibe ist

  • Lesedauer: 2 Min.

Glücklicherweise leben längst nicht alle der rund 335 000 Wohnungslosen in Deutschland auf der Straße. Doch steigt die Zahl derer, die aus allen Systemen fallen und tatsächlich »Platte machen« müssen, besonders schnell: Dies traf nach den Schätzungen der Bundesarbeitsgemeinschaft Wohnungslosenhilfe e.V. (BAGW) 2014 auf 39 000 Menschen zu - gegenüber 2012 ein Anstieg von etwa 50 Prozent. Insgesamt ist die Zahl der Wohnungslosen seit 2012 »nur« um 18 Prozent gestiegen.

Die übrigen von Wohnungslosigkeit Betroffenen kommen zunächst häufig kurzfristig bei Verwandten oder Freunden auf dem sprichwörtlichen Sofa unter, bevor sie Notunterkünften zugewiesen werden. Weil der Wohnungsmarkt für sie immer ungünstiger wird, steigt laut BAGW dort allerdings die Verweildauer stark an und liegt derzeit bei etwa zwei Jahren - sodass sich eine Art Rückstau bildet und deshalb viele Wohnungslose wirklich auf der Straße landen.

Gut 70 Prozent der Wohnungslosen in Deutschland sind alleinstehend, die anderen leben mit Partnern zusammen - und immerhin neun Prozent der Betroffenen sind nach Schätzungen der BAGW Kinder oder minderjährige Jugendliche. Der Anteil der jungen Erwachsenen unter 25 ist in jüngerer Zeit ebenfalls schnell gestiegen. 2012 lag er bei gut 20 Prozent - für 2014 wies die am Montag in Berlin vorgestellte Schätzung der BAGW diese Gruppe nicht gesondert aus.

Mit etwa 72 Prozent sind unter den erwachsenen Betroffenen die Männer noch klar in der Überzahl, doch der Frauenanteil von aktuell 28 Prozent sei seit 2012 um drei Prozent angestiegen. Der Anteil wohnungsloser Menschen mit Migrationshintergrund ist im Vergleich zum Anteil an der Gesamtbevölkerung deutlich überproportional und lag 2014 bei 31 Prozent. Auch dieses Segment wächst zudem schnell weiter: Noch 2012 waren es nur rund 27 Prozent gewesen.

Gleichfalls erheblich gestiegen ist die Zahl der Haushalte, die 2014 in konkrete Gefahr gerieten, ihre Wohnung zu verlieren: Es waren nach der Schätzung der BAGW insgesamt 172 000 gegenüber 144 000 im Jahr 2012. In etwa der Hälfte der Fälle konnte der Wohnungsverlust noch abgewendet werden. Dennoch kam es 2014 zu etwa 86 000 Wohnungsverlusten - davon 38 000 nach Zwangsräumungen und 53 000 auf »kaltem« Weg, also durch Auszug vor einer Räumung oder einem entsprechenden Urteil. nd

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