nd-aktuell.de / 07.10.2015 / Wirtschaft und Umwelt / Seite 17

Staranwalt für Volkswagen

In den USA drohen wie im Fall BP Milliardenstrafen

Kurt Stenger

Kaum jemand weiß besser, wie unnachgiebig der US-Staat gegen Konzerne vorgeht, die gegen Luftreinheitsgesetze verstoßen haben, als Stuart Drake. Der Anwalt von der Kanzlei Kirkland & Ellis LLP mit Jura-Abschlüssen in Yale und Cambridge, verteidigt seit mehr als 15 Jahren Unternehmen, die von der Bundesumweltschutzbehörde EPA oder in besonders strengen Bundesstaaten wie Kalifornien belangt wurden. Besonders die Autoindustrie zählt zu seinen Klienten. Drake, dem in Fachkreisen ein »meisterliches Rechtsverständnis« nachgesagt wird, vertrat schon Konzerne wie General Motors und Toyota, aber auch Branchenverbände, die im Gesetzgebungsverfahren ihren Lobbyeinfluss geltend zu machen versuchten. Kein Wunder, dass der Staranwalt, dem üblicherweise ein ganzer Stab an Kirkland-Anwälten zur Seite steht, nun VW im anstehenden Rechtsstreit über Verstöße gegen US-Umweltgesetze vertreten soll.

Die Kanzlei, ein wahrer Riese in der Advokatenbranche mit gut 100-jähriger Geschichte, beschäftigt gut 1600 Rechtsanwälte in fünf Ländern. Zu den bislang prominentesten Klienten von Kirkland & Ellis zählt der britische Multi BP, der gerade seine Rechnung wegen der Ölpest nach der Explosion der Fördeplattform »Deepwater Horizon« im Golf von Mexico im April 2010 präsentiert bekommen hat: Die Rekordsumme von 20,8 Milliarden Dollar muss der Ölkonzern im Rahmen der zivilrechtlichen Verfahren an die Vereinigten Staaten, fünf Bundesstaaten und mehr als 400 Kommunen zahlen, wie aus der am Montag verkündeten Einigung hervorgeht. Zuvor hatte BP schon ein 4,5-Milliarden-Dollar-Bußgeld an die EPA und zig Milliarden für die Beseitigung der Schäden sowie zur Entschädigung von Privatpersonen und Unternehmen berappen müssen.

Der Einigung waren jahrelange juristische Auseinandersetzungen und intensive außergerichtliche Verhandlungen vorausgegangen. Selbst die Kirkland-Staranwälte konnten für ihren Klienten nur den finanziellen Schaden einigermaßen in Grenzen halten. Dies dürfte auch das Ziel von VW bei den anstehenden Klagen im Manipulationsskandal sein. Und die Bußgelder und Entschädigungszahlungen in den zahlreichen Verfahren von BP dürften einen Vorgeschmack bieten, was dem deutschen Autokonzern droht.