nd-aktuell.de / 17.10.2006 / Brandenburg

Immer mehr Bürger sind pleite

Seit dem Jahr 2000 verzehnfachte sich die Zahl der Verbraucherinsolvenzen

Wilfried Neiße
Auch 2005 ist die Zahl der eröffneten Verbraucher-Insolvenzverfahren in Brandenburg wieder drastisch gestiegen. Wie Justizministerin Beate Blechinger (CDU) bekannt gab, wurden 2527 Verfahren eröffnet. Im Jahr zuvor waren es 1658. Vor fünf Jahren lag diese Zahl noch bei 192. Zwar nehmen die Insolvenzen in der gesamten Bundesrepublik zu. Die Steigerungsraten in Brandenburg betragen allerdings Jahr für Jahr zwischen 52 und 92 Prozent. Damit ist der Zuwachs bei den Privatleuten, die Pleite sind, nirgends in Deutschland höher als hier. Seit dem 1. Januar 1999 gelten im Insolvenzrecht neue Regeln. Voraussetzung für ein Insolvenzverfahren ist, dass zunächst versucht wurde, das Schuldenproblem außergerichtlich zu bereinigen. Erst wenn dies nicht klappt, kann ein förmliches Insolvenzverfahren beantragt werden. Die Ursachen für überschuldete Privathaushalte sind Justizministerin Blechinger zufolge vielfältig. Sie nennt zum Beispiel Wissenslücken, unangemessen hohe Kredite, fehlende Erfahrung und falsches Verhalten. Hinzu kommen Probleme wie der Verlust des Arbeitsplatzes oder der Wohnung, der Abbruch der Ausbildung, Trennung oder Scheidung, Krankheit und der Tod von Angehörigen. All dies erhöhe das Risiko der Überschuldung. Meist spielen mehrere Faktoren hinein. Bei den Schuldner-Beratungsstellen in Ostdeutschland ist ermittelt worden, dass 46 Prozent der Klientel Arbeitslosigkeit als Auslöser für Überschuldung angibt. In Westdeutschland sagen das nur 23 Prozent der hoch verschuldeten Leute. Als weitere Gründe für Überschuldung im Osten Deutschlands gelten niedriges Einkommen (29 Prozent) und überhöhter Konsum (25 Prozent). Im Westen dominieren dagegen eher die Scheidung (23 Prozent) und die gescheiterte berufliche Selbstständigkeit (20 Prozent). Im Falle von Schuldnern, deren Nettoeinkommen unterhalb der Pfändungsgrenze von 989,99 Euro liegt, soll laut Blechinger künftig ein gesondertes Verbraucher-Entschuldungsverfahren eingeführt werden. Die Entschuldung soll hier nach Ablauf einer achtjährigen Frist eintreten - ohne das teure Gutachten angefordert und Treuhänder bestellt werden.