Ein roter Reporter

Inspirator, Organisator: Der linke Unruhestifter Klaus Jann ist tot

Den Namen Klaus Jann kennt in Wülfrath fast jeder. Jann war so etwas wie ein heimlicher Bürgermeister der kleinen Stadt in der Nähe von Wuppertal. Keine noch so banale Kleinigkeit der lokalen Politik entging ihm; oft machte er daraus ein Streitthema von städtischer Bedeutung. Und das mit einem gewissen Hang zum gepflegten Krawall. Klappern gehört zum Handwerk, heißt es - der Linke Klaus Jann hat nicht geklappert, sondern getrommelt.

Jann, in jungen Jahren SPD-Mitglied (dem Rausschmiss wegen Teilnahme am Ostermarsch kam er durch Austritt zuvor), schloss sich 1962 der verbotenen KPD an. Sein Bekenntnis zur kommunistischen Partei kostete ihn den Redakteursjob; später arbeitete er lange für die DKP-Zeitung »Unsere Zeit«. Nach dem Zusammenbruch des Staatssozialismus - Janns Bruch mit der DKP, die sich nach seinem Urteil der nötigen Erneuerung verschloss. Mit Genossen gründete er die Demokratische Linke Wülfrath.

DLW - die Abkürzung wurde zum Symbol für Bürgernähe, Frechheit, Widerstandsgeist. Immer wieder erzielte sie bei Kommunalwahlen satte zweistellige Ergebnisse. Ihr Zentrum: Klaus Jann. Ihr größtes Plus: Der »Rote Reporter«, eine seit 45 Jahren erscheinende Wochenzeitung mit erheblicher Auflage, die dem gelernten Journalisten ihre Professionalität verdankt. »Wenn Mittwoch im Rathaus was passiert, steht’s Sonnabend im Blättchen«, sagte Jann. Ihr Maskottchen: Hugo, ein knallrotes dreirädriges Mobil, mit dem sie jeden Sonnabend in der Einkaufspassage zum Bürgergespräch aufkreuzten.

Jann legte sich mit allen denkbaren Autoritäten an. Als er nach einer erfolgreichen Wahl den Vorsitz des Beschwerdeausschusses verlangte, ahnten die Kontrahenten die Gefahr und schoben ihn in den Verkehrsausschuss ab. Bald hatte der die meisten Besucher. 2014 löste sich die DLW, lange Zeit eine lokale linke Volkspartei, auf. Die LINKE erreichte bei der nächsten Kommunalwahl knapp sechs Prozent, weit entfernt von den Resultaten der Jann-Truppe.

Dem Volk musste Jann nicht aufs Maul schauen - er war das Volk. Er redete wie die einfachen Leute, machte Politik am praktischen Beispiel, verband das Kleine mit dem Großen. Legendär seine öffentlichen Wetten, den nd-Lesern bestens bekannt. Beispielsweise: Wenn in mindestens 250 Orten Aktionen gegen den Afghanistan-Krieg organisiert werden, spendet eine befreundete Unternehmerin eine beträchtliche Summe für die Cuba-Sí-Kampagne »Milch für Kubas Kinder«. Das war Janns Politikverständnis: Forderungen stellen, Leute in Bewegung bringen, Gutes tun. Und darüber reden. »Es gibt nichts Gutes, außer: Jann tut es«, steht über seinem Online-Tagebuch.

Am letzten Sonntag ist Klaus Jann im Alter von 75 Jahren gestorben. Er wird der Linken fehlen - der LINKEN und den Linken. Nicht nur in Wülfrath.

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