nd-aktuell.de / 21.10.2015 / Ratgeber / Seite 22

Mithaftung für die Kosten des Pflegeplatzes nicht verstecken

BGH-Urteil

Pflegeeinrichtungen dürfen Angehörige oder Betreuer nicht per Formular im Anhang eines Wohn- und Betreuungsvertrages dazu verpflichten, dass sie neben dem Pflegebedürftigen für alle Kosten aufkommen.

Solch ein Schuldbeitritt darf nur im Wohn- und Betreuungsvertrag selbst vereinbart werden, entschied der Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe am 21. Mai 2015 (Az. III ZR 263/14).

Die Richter gaben damit weitgehend dem Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) Recht. Der hatte die Azurit Rohr GmbH auf Unterlassung verklagt.

Das Unternehmen betreibt bundesweit mehr als 40 Senioren- und Pflegezentren. Bei Interesse an einer Pflege erhielten mögliche Kunden einen Wohn- und Betreuungsvertrag sowie einen siebenseitigen Anhang ausgehändigt. Im Anhang war ein Formular enthalten, bei dem Angehörige oder Betreuer für »sämtliche Verpflichtungen« als »Beitretende« haften. Mit der Unterschrift haften diese dann für sämtliche entstandene Kosten mit. Der Heimträger könne sich dann aussuchen, von wem er sich sein Geld holt, rügte der vzbv.

Das Pfälzische Oberlandesgericht Zweibrücken urteilte am 2. Juli 2014 (Az. 1 U 143/13), dass dieser Umgang mit dem Schuldbeitrittsformular gegen das Wohn- und Betreuungsvertragsgesetz verstößt. Erhalte der Pflegebedürftige neben dem Vertrag im Anhang auch das Formular für den Schuldbeitritt, werde der Eindruck erweckt, dass die Unterschrift darunter für den Erhalt eines Heimplatzes erforderlich sei. Mit der Auslagerung in eine Anlage würden zudem die gesetzlichen Vorgaben umgangen, befand das Oberlandesgericht.

Der Heimträger dürfe nach den gesetzlichen Bestimmungen zwar Sicherheiten »verlangen«, aber nur in Höhe des doppelten Heimentgelts. Die Regelungen dazu dürften aber nicht in Anlagen versteckt werden. Ob der Schuldbeitritt dabei überhaupt als Sicherheit »taugt«, ließ der BGH ausdrücklich offen.

Es werde zudem der falsche Eindruck erweckt, dass der Schuldbeitritt eine Voraussetzung für den Heimvertrag sei, befanden nun auch die obersten Zivilrichter.

Vertrag und Anhang würden als »einheitliches Ganzes« wahrgenommen, bei dem alles unterschrieben werden müsse. Weil die Suche nach einem Heim- und Betreuungsplatz sowieso nicht leicht sei, sei der Druck auf Angehörige, Pflegebedürftige und Betreuer groß, die Schuldbeitrittserklärung unterschrieben vorzulegen. epd/nd