Boxerweisheit

Olaf Standke über die Parlamentswahlen in Kanada

  • Olaf Standke
  • Lesedauer: 1 Min.

Auch Justin Trudeau hatte sein Coming-out. Kaum Chef der Liberalen Partei geworden, gestand er gelegentlichen Marihuana-Konsum. Da war es nur konsequent, dass er als Spitzenkandidat im kanadischen Wahlkampf für die Legalisierung von Cannabis warb. Inzwischen steigt Trudeau zum Stressabbau in den Boxring. Nicht, dass der überlegene Sieger beim Urnengang nun Faustkampf als Lehrfach im Wahlprogramm fordert. Aber der 43-Jährige wäre wohl gut beraten, wenn er seine sportliche Erkenntnis auch zum politischen Leitfaden als neuer Regierungschef machte: Beim Boxen gehe es nicht darum, den Konkurrenten zu verprügeln, man müsse vielmehr am eigenen Plan festhalten, während der Andere austeilt. Wobei der konservative Amtsinhaber auch unter die Gürtellinie zielte, wenn er dem Sieger politische Unbedarftheit vorwarf. Der talentierte Menschenfänger Trudeau muss nun vor allem beweisen, dass seine soziale Kompetenz auch auf dem oft gnadenlosen Feld der Wirtschaftspolitik greift. Denn sein Vorgänger Harper scheiterte nicht nur wegen seiner kaltherzigen Flüchtlingspolitik, sondern auch an der anhaltenden ökonomischen Schwächephase der weltweit elftgrößten Volkswirtschaft. Höhere Steuern für Reiche, eine »positive Politik« für die Mittelklasse, Schulden zum Ankurbeln der Wirtschaft, mehr Umwelt- und Klimaschutz - bei diesen Vorhaben braucht Trudeau einen langen Atem.

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