Wege der Wichtigen kreuzten sich in Berlin

Kerry, Netanjahu, Mogherini - die Gewalt im Nahen Osten ruft die internationale Diplomatie auf den Plan

  • Lesedauer: 3 Min.
In Berlin drehte sich das diplomatische Karussell in Sachen Nahost-Krise. Doch ein Weg aus der Gewalt wurde nicht gefunden.

Berlin. Trotz einer diplomatischen Kraftanstrengung von EU, USA und UNO ist in Israel und in den Palästinensergebieten kein Ende der Gewaltspirale in Sicht. Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu erhob am Donnerstag bei einem Treffen mit US-Außenminister John Kerry in Berlin erneut den Vorwurf, dass Palästinenserpräsident Mahmud Abbas die Gewalt im Nahen Osten schüre. Kerry forderte von beiden Konfliktparteien ein »Ende jeglicher Gewalt«.

Kerry sprach in einem Berliner Hotel mehrere Stunden mit Netanjahu, der am Mittwochabend Bundeskanzlerin Angela Merkel und wenige Tage zuvor UNO-Generalsekretär Ban Ki Moon getroffen hatte. Kerry sagte, es sei »absolut entscheidend, jegliche Aufwiegelung, jegliche Gewalt« zu beenden. Derzeit gebe es zwar keine Möglichkeiten für einen umfassenden Friedensprozess, doch müsse »ein Weg vorwärts gefunden werden, um die Möglichkeit zu schaffen«.

Netanjahu zeigte sich aber wie schon nach seinem Treffen mit Merkel unversöhnlich. Er prangerte erneut die »Aufstachelung« zur Gewalt durch die radikalislamische Hamas, durch die islamistische Bewegung in Israel, durch Abbas und die Palästinenserbehörden an.

»Ich denke, es ist an der Zeit für die internationale Gemeinschaft, Präsident Abbas klar zu sagen: Hör auf, Lügen über Israel zu verbreiten.« Netanjahu verwies dabei auf den Vorwurf, dass Israel an dem für Muslime und Juden heiligen Tempelberg in Jerusalem andere Nutzungsregeln durchsetzen wolle. Der Premier versicherte erneut, dass Israel den Status quo verteidige.

Kerry sagte, er habe in den vergangenen 24 Stunden auch mit Abbas und dem jordanischen König Abdullah telefoniert. Er glaube, die »Leute wollen es deeskalieren«. Er fügte hinzu: »Also lasst uns mit der Arbeit anfangen und sehen, was wir tun können.« Kerry wollte Ende der Woche auch Abbas treffen. Für Donnerstag war noch ein Gespräch mit Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier vorgesehen, der am Nachmittag ebenfalls mit Netanjahu in Berlin sprechen wollte.

Auch die EU-Außenbeauftragte Federica Mogherini sprach mit Steinmeier. Sie wollte in Berlin zudem Netanjahu treffen und Abbas in den nächsten Tagen. Sie hob hervor, es sei »gefährlich«, den Konflikt ungelöst zu lassen. Ihr Hauptziel sei es, zumindest die »Rhetorik« auf beiden Seiten zu dämpfen.

UNO-Generalsekretär Ban Ki Moon war in den vergangenen Tagen zu einem kurzfristig angesetzten Besuch bei Netanjahu und Abbas im Nahen Osten. Zum Abschluss zeigte er sich am Mittwoch »nicht optimistisch«, dass die »gefährliche Eskalation« bald beendet werden könne. Er äußerte sich per Videoschaltung bei einer Dringlichkeitssitzung des UNO-Sicherheitsrates.

In Israel und in den Palästinensergebieten dauerte die Gewalt derweil unvermindert an. Zwei mit einem Messer bewaffnete Palästinenser versuchten am Donnerstag in Israel, in einen Schulbus einzudringen. Weil dies laut Polizei misslang, verletzten sie danach in der Stadt Beit Schemesch westlich von Jerusalem einen Passanten. Die Polizei erschoss einen der Angreifer, der andere wurde schwer verletzt.

Bei der aktuellen Welle der Gewalt wurden seit Anfang Oktober fast 50 Palästinenser sowie ein arabischer und acht jüdische Israelis getötet. Außerdem wurden ein jüdischer Israeli und ein Eritreer getötet, die fälschlicherweise für Attentäter gehalten wurden.

Neben der Außenminister-Konferenz zu Syrien an diesem Freitag in Wien wird sich auch das Nahost-Quartett aus USA, Russland, Europäischer Union und UNO treffen. In Moskau erklärte das Außenministerium, das Quartett komme auf russische Initiative zusammen. Die Nahost-Vermittler sind besorgt wegen der aktuellen Gewalt. Agenturen/nd

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