nd-aktuell.de / 30.10.2015 / Kultur / Seite 17

Sieben Tage, sieben Nächte

An diesem Wochenende werden wir es erleben, wie Halloween im Kanzleramt geht. Die Kanzlerin, der CSU-Chef und später der SPD-Vorsitzende treffen sich, um über den weiteren Umgang mit den Geflüchteten zu sprechen - und das, man ahnt es nach all den vergangenen Scharmützeln, dürfte auf einen hohen Gruselfaktor hinauslaufen. Da die Regierungschefin, die bislang erstaunlich konsequent ihrer zutiefst protestantischen Linie treu bleibt. Dort der hyperaktive Provinzpolitiker aus der Parteienfamilie, der an ihrem Sessel sägt. Und dann auch noch der Mal-so-mal-so-Genosse, der zwar in schöner Regelmäßigkeit vornehmlich Journalistinnen bepöbelt, sich aber gegenüber seiner Chefin noch immer als handzahm erwies.

Doch ehrlich, ein heiteres Wortspiel über Hexen, Zombies, Vampire und Monster muss einem inzwischen im Halse stecken bleiben. Denn lustig ist das alles nicht mehr, was sich in dieser Regierungskoalition in der Flüchtlingsfrage abspielt. Ja, es kann einem im wahrsten Sinne das Grauen kommen, wie eiskalt von vielen Politikern und, von ihnen ermutigt, auch auf der Straße über jene Menschen befunden wird, die es nach Jahren einfach nicht mehr aushalten in ihren vom Krieg zerstörten Ländern. Es kann einem der Schauer über den Rücken laufen, wenn aus der christlichsten aller christlichen Parteien der Ruf nach Zäunen, Mauern und Abschottung immer aggressiver wird. Und es ist beängstigend, wenn die ohnehin viel restriktiver gewordene Asylpolitik den bayerischen Stammtischpolitikern bei Weitem nicht ausreicht, um ihr ramponiertes Image nach diversen Bauchlandungen mit Herdprämie und Ausländermaut wieder aufzuhübschen.

Diese bösen Geister sind eben nicht am Sonntagmorgen wieder verschwunden. Dabei können die Tag für Tag aus der Münchner Staatskanzlei eintreffenden Ultimaten an die Adresse der Kanzlerin eigentlich keinen mehr so richtig erschrecken. Mit der Verfassungsklage hat die CSU bisher nur gedroht. Und auch die großspurig angekündigten bayerischen Notmaßnahmen haben nicht stattgefunden. Oder doch, aber anders, als Horst Seehofer, Joachim Herrmann und Markus Söder sich das vorstellen. Die Studenten in Passau, die vor und nach ihren Vorlesungen helfen, die frierenden und ausgezehrten Geflüchteten zu versorgen, leisten sie.

Und der jetzt erwogene Rückzug der drei CSU-Minister aus der Großen Koalition? Aber gern doch! Die Namen Christian Schmidt und Gerd Müller haben die Bundesbürger außerhalb des engen weiß-blauen Horizontes ohnehin kaum wahrgenommen. Und den von Alexander Dobrindt kann man getrost wieder vergessen. Was, wenn Angela Merkel den CSU-Chef wenigstens in dieser Frage beim Wort nimmt? Man würde Halloween in guter Erinnerung behalten. Als Ende eines Horrors. oer