nd-aktuell.de / 12.11.2015 / Kultur / Seite 14

Drohungen gegen Berliner Schaubühne

Wegen eines »Pegida«- und AfD-kritischen Theaterstücks sehen sich der Regisseur Falk Richter und die Berliner Schaubühne zunehmenden Drohungen ausgesetzt. Nach Richters aktueller Inszenierung »Fear« hatte der Autor Medienberichten zufolge in den vergangenen Tagen Morddrohungen erhalten. Das Gebäude der Schaubühne wurde beschmiert, außerdem gingen Drohanrufe ein. Zudem sollen von AfD-Anhängern Forderungen nach einer Absetzung des Theaterstücks laut geworden sein.

»Fear« beschäftigt sich mit den Entwicklungen am rechten politischen Rand. Kritiker werfen dem Stück und seinen Machern vor, teilweise zu Gewalt aufzurufen. Rückendeckung erhalten Theater und Regisseur unterdessen vom Deutschen Kulturrat.

»Selbstverständlich ist die Aufführung von ›Fear‹ durch die grundgesetzlich garantierte Meinungs- und Kunstfreiheit geschützt«, erklärte Kulturrats-Geschäftsführer Olaf Zimmermann am Mittwoch. Und selbstverständlich dürfe dem Druck aus der rechten Ecke zur Absetzung des Stückes nicht nachgegeben werden. »Künstler dürfen sich nicht nur, sie müssen sich gerade jetzt in die Debatten einmischen«, sagte Zimmermann. Die Inszenierung »Fear« setze sich mit den rechtsnationalen und religiös-fundamentalistischen Strömungen im heutigen Deutschland mit den Mitteln der Kunst auseinander.

Gegenüber der »Berliner Morgenpost« (Mittwochsausgabe) äußerte Falk Richter die Sorge, »dass sich das politische Klima, das mit den sich radikalisierenden neuen Rechten in Deutschland eingezogen ist, weiterhin verschärft«. Es gebe einen diffusen Hass bei Menschen aus dem Umfeld von AfD, »Pegida« und anderen rechtsnationalen Bewegungen, »eine enorme Unzufriedenheit mit sich selbst, mit einer komplexer werdenden Gesellschaft«, sagte Richter. Und dieser Hass richte sich aktuell gegen alle, die anderer Meinung seien. »Neu war mir, dass die AfD so eng zusammenarbeitet mit den christlichen Fundamentalisten der ›Demo für alle‹, die sich gegen die Bildungspläne zur Akzeptanz von sexueller Vielfalt einsetzt und zum Beispiel Homosexuellen Therapien anbieten will, um sie von ihrer ›Krankheit‹ zu heilen«, so Richter. Auch die »unmittelbare Zusammenarbeit« zwischen Vertretern aus dem rechtsnationalen Lager der CDU und der AfD seien ihm vor der Inszenierung von »Fear« nicht bekannt gewesen.

Gegenüber der »tageszeitung« betonte die Berliner Schaubühne, dass sie das Stück trotz der Drohungen wie geplant im Januar erneut auf den Spielplan setzen werde. Das Haus wehrte sich auch gegen Vorwürfe, die Inszenierung stehe im Zusammenhang mit zwei Auto-Brandanschlägen gegen die AfD-Vizevorsitzende Beatrix von Storch und Hedwig von Beverfoerde, der Organisatorin der »Demo für alle«. Das Stück setze sich vielmehr »auf satirischen Weg mit den rechtsnationalen und religiös-fundamentalistischen Strömungen im heutigen Deutschland auseinander«, teilte das Theater mit.

Schaubühnen-Chef Thomas Ostermeier hatte bereits am Dienstag im »Deutschlandradio Kultur« betont, Politiker und politische Strömungen zu karikieren, habe eine »irrsinnig lange Tradition in den bürgerlichen Demokratien«. Wenn diese Freiheit der Karikatur und Satire jetzt in Frage gestellt würden, sei das »alles andere als schön«. epd/nd