nd-aktuell.de / 24.11.2015 / Kultur

Wer nur Musik hört, hört nicht viel

Oper und Politik

Ekkehart Krippendorff

Oper und Politik« heißt das diesjährige Generalthema an der Deutschen Oper Berlin. Es begann mit der Ankündigung eines Versprechens, das am vergangenen Wochenende eingelöst wurde: Unausgesprochen vorbildhaft für andere Häuser richtete man ein Symposium zu diesem Komplex aus. Das durfte als Provokation innerhalb der eindrucksvollen deutschen Opernkultur aufgefasst werden, querliegend zu deren traditioneller klassischer Thematik. Hier aber wurde begründet, dass und warum Oper und Politik durch eine historische und strukturelle Verwandtschaft miteinander verbunden sind - und dass beider Beziehungen nicht zufällig sind.

»Oper und Politik« - die eine, wenn sie szenisch ernst genommen wird, wirft ein kräftiges Licht auf die andere. Beide ergänzen einander und stärken ihre jeweilige Botschaft. Auf dem Symposium wurden wir daran erinnert, dass die Oper ein höfisches Produkt des Adels und seiner Legitimationsstrategie war und ist. Wer sie nur ästhetisch konsumiert, dem entgeht das bis heute Wesentliche.

»Oper und Politik«: Seit einigen Wochen entdeckt man an Berliner Litfaßsäulen große Plakate - unaufdringlich verstörend, aber eindrucksvoll - mit Themen etwa aus der Antike oder mit emotionalen europäischen Leidensgeschichten. Wer nur einen Augenblick genauer hinsieht, der entdeckt poetische Zitate, die ihn darauf aufmerksam machen, dass die Bildbotschaft - von Opern handelt. Man wird darauf hingewiesen, dass hier keine kommerzielle Werbung gemacht wird, sondern ein Opernhaus uns dazu einlädt, große Musikwerke anders und neu zu hören - oder überhaupt zur Kenntnis zu nehmen. Eine Bild- und Textwelt der ungewöhnlichen Art, und das Publikum weiß das zu schätzen. So kann man Oper kennenlernen und sich ein neue Welt erschließen.