nd-aktuell.de / 25.11.2015 / Wirtschaft und Umwelt / Seite 16

Schlechte Aussichten

Das globale Wirtschaftswachstum schmilzt dahin

Hans-Georg Draheim
Die wirtschaftlichen und sozialen Probleme nehmen weltweit zu. Das macht sich auch beim deutschen Bruttoinlandsprodukt bemerkbar.

Europa verharrt weiter in einer hartnäckigen Wirtschafts-, Schulden- und Flüchtlingskrise. Zudem hat sich in China das Wachstum deutlich verlangsamt und erreicht zur Zeit maximal drei bis vier Prozent. Ähnliches gilt für andere Schwellenländer - Brasilien und Russland befinden sich sogar in der Rezession.

Nach der Jahrtausendwende hatten die Schwellenländer noch einen bedeutenden Teil zum Wachstum in den USA sowie in Europa und vor allem in Deutschland beigetragen. Doch diese Zeiten sind vorbei und Analysten von Goldman Sachs warnen bereits vor einer dritten Welle der Finanzkrise, die vor sieben Jahren mit dem Zusammenbruch des US-Immobilienmarktes begonnen hatte.

Nachdem bereits der Internationale Währungsfonds (IWF) seine Wachstumsprognose für die Weltwirtschaft leicht nach unten korrigierte, zog nun auch die Organisation für Wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) nach: Sie korrigierte ihre Wachstumsprognose sogar deutlich von 4,0 auf 2,9 Prozent für das laufende Jahr und für das kommende Jahr von 4,3 auf 3,3 Prozent.

Grund für die Wachstumsabschwächung sind vor allem die fallenden Rohstoffpreise. Sie treiben durch billiges Geld die Schulden, die seit 2007 weltweit bereits um 50 Billionen US-Dollar gestiegen sind, weiter in die Höhe. Die Unternehmensschulden der Schwellenländer haben sich um 18 Billionen Dollar erhöht. Vieles deutet künftig auch auf eine Abkühlung der US-Konjunktur sowie der Wirtschaft der Industrieländer insgesamt hin. Für die deutsche Wirtschaft erwartet der Sachverständigenrat eine Wachstumsabschwächung von 1,7 Prozent in diesem auf 1,6 Prozent im kommenden Jahr. Mit einer leichten Aufhellung der Konjunktur rechnen dagegen Finanzexperten des Zentrums für Europäische Wirtschaftsforschung, deren Frühindikator im November erstmals seit acht Monaten wieder gestiegen ist.

Im dritten Quartal erhöhte sich das deutsche Bruttoinlandsprodukt (BIP) preis-, saison- und kalenderbereinigt gegenüber dem Vorquartal um 0,3 Prozent, wie das Statistische Bundesamt in Wiesbaden am Dienstag bestätigte. Im Vorjahresvergleich betrug das preisbereinigte Wachstum 1,8 Prozent und hat sich damit leicht beschleunigt. Dabei kamen zuletzt fast alle Impulse von den Konsumausgaben der Privathaushalte und des Staates. Ursachen für den hohen Konsum waren neben höheren Löhnen auch die Ausgaben zur Bewältigung der Flüchtlingskrise sowie der wieder gesunkene Außenwert des Euro. Stärkere Wachstumsimpulse als bisher kamen von den Ausrüstungsinvestitionen der Unternehmen. Gebremst wurde das Wirtschaftswachstum hingegen durch ein Außenhandelsdefizit wegen der hohen Importe sowie durch den Abbau der Lagerbestände.

Positiv wirkt sich der anhaltende Boom auf dem Arbeitsmarkt aus. So stieg die Zahl der Erwerbstätigen im dritten Quartal um 34 300 Personen auf einen neuen Höchststand seit der Wiedervereinigung. Durch den Flüchtlingsstrom wird die Erwerbstätigkeit nach Meinung von Experten weiter zulegen. Zugleich ist aber auch mit einem Anstieg der Arbeitslosigkeit zu rechnen. Die Zahl der offiziell registrierten Arbeitslosen dürfte vor dem Hintergrund der Flüchtlingskrise 2018 wieder die Drei-Millionen-Grenze überschreiten.