nd-aktuell.de / 27.11.2015 / Politik / Seite 11

»Ein rechtstaatliches Unwohlsein«

Mecklenburg-Vorpommerns Grüne wollen strengere Maßstäbe bei Datenabfrage - das Verfassungsgericht verhandelt

Wann dürfen Sicherheitsbehörden Bestandsdaten und Zugangscodes von Telekommunikationsnutzern abfragen? Das Verfassungsgericht in Greifswald soll das klären.

Greifswald. Die Grünen-Spitze im Land und mehrere Bürger Mecklenburg-Vorpommerns verlangen strengere Maßstäbe bei der Abfrage von Bestandsdaten und Zugangscodes bei Telekommunikationsanbietern durch Verfassungsschutz und Polizei. Das Landesverfassungsgericht verhandelte am Donnerstag eine entsprechende Klage. Die 14 Beschwerdeführer sehen es als verfassungswidrig an, dass vor der Abfrage dieser Daten kein Richter zustimmen muss und zudem betroffene Personen nicht nachträglich über die Maßnahmen informiert werden. Eine rückwirkende Information schreiben das beklagte Landesverfassungsschutzgesetz und das Sicherheits- und Ordnungsgesetz bislang nur bei der Abfrage von IP-Adressen vor. Zu den Klägern gehören die Grünenvorsitzenden Claudia Müller und Andreas Katz, die Abgeordneten Johannes Saalfeld und Jürgen Suhr sowie der ehemalige Datenschutzbeauftragte Karsten Neumann (LINKE).

Das Verfassungsgericht in Greifswald gab am Ende der Verhandlung keinen Verkündungstermin bekannt, muss aber bis zum 26. Februar entscheiden. Möglicherweise setzt dann das Gericht das Verfahren auch aus, da am Bundesverfassungsgericht eine ähnliche Klage anhängig ist.

Landesverfassungsschutz und Polizei sind seit Juli 2013 ermächtigt, bei Anbietern von Telekommunikation Kundendaten wie Name, Geburtsdatum und Wohnort sowie Zugangscodes unter anderem für Mobiltelefone, Computer, E-Mail-Konten oder Clouds zu erfragen.

Die Kläger fordern höhere Sicherheitshürden und sehen mit den gültigen Vorschriften das verfassungsgemäß garantierte Recht auf informelle Selbstbestimmung verletzt. Landtag und Landesregierung verteidigten die Vorschriften. Gleichwohl, so räumte der Anwalt der SPD/CDU-Regierung ein, vermag die Formulierung der Befugnis für die Verfassungsschutzbehörde individuell »für ein rechtstaatliches Unwohlsein« führen. dpa/nd