nd-aktuell.de / 03.12.2015 / Politik / Seite 23

In der Vielfalt liegt die Kraft der Ernte

Risiko von Ausfällen wird durch den Anbau vieler verschiedener Arten von Kulturpflanzen minimiert

Martin Zint

Die politische, wirtschaftliche und soziale Situation in Simbabwe ist fragil. Millionen Simbabwer haben das Land verlassen. In Chimanimani im östlichen Hochland führten Brandrodung, Überweidung und falsche Bodenbearbeitung dazu, dass Wind und Regen den ungeschützten Boden verwehen oder fortspülen. Das setzt eine dramatische Entwicklung in Gang. Der Grundwasserspiegel sinkt, Quellen versiegen, Flussbetten trocknen aus. Der Klimawandel verstärkt die Auswirkungen spürbar. Mehrfach kam es in den letzten Jahren in großen Teilen des Distrikts zu kompletten Ernteausfällen. In vielen der abgelegenen Dörfer ist die Ernährung der Menschen nicht mehr gesichert. In der bäuerlichen Selbsthilfeorganisation TSURO hat der Weltfriedensdienst in dieser Situation einen starken Partner für Tausende Kleinbäuerinnen und -bauern gefunden.

Die Menschen sind gezwungen, ihre Landwirtschaft an Trockenheit und ausgelaugte Böden anzupassen. In einem gemeinsamen Vorhaben von TSURO und dem Weltfriedensdienst werden die Grundlagen dafür gelegt. Traditionelles bäuerliches Wissen wird wiederbelebt und durch gezielte bäuerliche Aktionsforschung ergänzt. Dabei werden natürliche Stoffkreisläufe genutzt, so dass die Kleinbäuerinnen und -bauern weitgehend ohne zusätzliche Hilfe auskommen. TSURO bietet Training und Beratung an: zu Fruchtfolgen und Mischanbau, zur Einbeziehung von Tieren in den Wirtschaftskreislauf, zu organischem Düngen, Verwendung von Kompost und zur Bedeutung einer möglichst vieler verschiedener Arten von Kulturpflanzen. Vielfalt streut nicht nur das Risiko von Ernteausfällen. Zusammen mit biologischen Schädlingsbekämpfungsmitteln hält sie auch Schadinsekten und Pflanzenkrankheiten unter Kontrolle und hilft effektiv gegen Mangelernährung. Bodenfruchtbarkeit hängt eng vom Reichtum des Bodenlebens ab. Die Bäuerinnen und Bauern von TSURO tun daher alles, um es zu erhalten.

Traditionell sind in dieser Gegend die Männer Haushaltsvorstand. Doch es sind die Männer, die die Dörfer in Scharen verlassen, um in den Städten nach Arbeit suchen, die häufiger HIV/AIDS zum Opfer fallen und öfter nach politischen Auseinandersetzungen zur Flucht gezwungen sind. Zunehmend werden die Haushalte von Frauen geführt. Für die zurückgebliebenen Familien bleibt die schwere Feldarbeit.

Bienen sind leicht zu halten, sie sind effektive Naturschützer. Und sie liefern Honig. Deshalb organisiert TSURO Workshops zur Bienenzucht und unterstützt die Mitglieder bei der Vermarktung. So gibt es einen Vertrag mit einer Supermarktkette vor Ort, die aktuell pro Glas drei Dollar zahlt. Die Bienenhaltung ermöglicht mit geringem Aufwand die Erwirtschaftung von Einkommen. Damit bildet sich auch Verständnis für weitere erst längerfristig sichtbare Funktionen von Wald heraus.

In Workshops und Gemeindeversammlungen kann darauf aufbauend gezeigt werden, wie intakter Wald Bodenerosion verhindert und sich positiv auf die Wassermenge in Quellen, Flüssen und Bächen auswirkt.

Die Haltung von Hühnern und Ziegen wird besonders in den trockenen Regionen gefördert. Durch ihren Verkauf können Lebensmittel beschafft und Schulgeld bezahlt werden. Die gemeinsam geplante Bewirtschaftung von Weideland und ein strenges Management der Rinderherden machen überweidetes Grasland wieder fruchtbar.

Neben der Artenvielfalt auf den Feldern und im Boden geht es aber auch um den Erhalt und die Erhöhung der Artenvielfalt in Wald- und Savannengebieten. Ein artenreiches, stabiles Ökosystem wirkt wie ein Puffer gegen die im Zuge des Klimawandels deutlich zunehmende Trockenheit und extreme Wetterlagen. Abholzung und Brandrodung des Waldes bringen kurzfristig Einnahmen, auf die Menschen in Not nicht verzichten können. Indem sie über Alternativen aufgeklärt werden, verbrauchen sie ihre Ressourcen nicht länger - der Wald wird geschützt.