nd-aktuell.de / 02.12.2015 / Politik

Nazi-Parolen zum Auftakt

Prozess um Überfall auf Thüringer Kirmesgesellschaft vertagt

Erfurt. Der am Mittwoch in Erfurt begonnene Prozess um einen Angriff von Nazis im thüringischen Ballstädt ist kurz nach dem Auftakt vertagt worden. Nach dem Verlesen der Anklage wurde in mehreren Befangenheitsanträgen den Richtern »eine innere Haltung« gegenüber den Angeklagten vorgeworfen, die eine unparteiische Verhandlungsführung vor dem Landgericht gefährde. Tatverdächtig sind 14 Männer und eine Frau im Alter zwischen 20 und 40 Jahren.

Sie sollen in der Nacht zum 9. Februar 2014 eine Feier der Kirmesgesellschaft überfallen und dabei zehn Teilnehmer zum Teil schwer verletzt haben. Dabei gingen die teilweise vermummten und mit Quarzhandschuhen ausgerüsteten Angreifer brutal mit Schlägen und Fußtritten gegen die Feierrunde vor. Die Geschädigten erlitten Schädelhirntraumata und Zahnverletzungen sowie Platz-, Schnitt- und Schürfwunden.

Zum Prozessauftakt hätten die 15 Angeklagten durch eindeutige T-Shirts und offen getragene Tätowierungen ihre Nazi-Ideologie »erneut für alle sichtbar zur Schau« gestellt, erklärte Rechtsanwalt Maik Elster als Vertreter der Nebenklage. Sie gehörten zum harten Kern der Thüringer Nazi-Szene. Rechtsanwalt Rasmus Kahlen sagte, angesichts der Brutalität erscheine es als »reiner Zufall«, dass bei dem Angriff keiner der Geschädigten tödlich verletzt worden sei.

Die Angeklagten seien teilweise bereits wegen Gewaltdelikten vorbestraft und gelten als äußerst gewaltbereit, hieß es. Auch werden aus dem Umfeld der Gruppe Beobachtern zufolge rechte Veranstaltungen und Konzerte organisiert. Auf diese Weise versuche die Gruppe, die Region zu einer »national befreiten Zone« zu machen und gegen alle potenziellen Gegner Terror zu verbreiten.

Die Nebenkläger erwarten eine Verurteilung der Angeklagten zu mehrjährigen Haftstrafen. Für den brutalen gemeinschaftlichen Angriff sei eine Freiheitsstrafe »von weit über drei Jahren« für die Beteiligten zu erwarten, sagte Rechtsanwalt Alexander Hoffmann. Bis Ende September 2016 sind knapp 30 Verhandlungstage angesetzt. epd/nd