Die Uckermark in spätsommerlicher Glut

Ein Bildband zum 70. Geburtstag der Malerin Monika Brachmann

  • Volkmar Draeger
  • Lesedauer: 3 Min.

Als Monika Brachmann 1968 an der West-Berliner Hochschule für Bildende Künste ihr Grafikstudium begann, hatte die 1944 in Pommern Geborene schon einen kaufmännischen Abschluss in der Tasche und eine Zeit als Stenotypistin hinter sich. 1968, im Jahr der Studentenproteste, gehörte sie kurzzeitig der linken Künstlervereinigung »Die Rote Nelke« an, zog sich dann zurück, ohne ihr Engagement gegen Krieg und Ausbeutung aufzukündigen.

»Der Krieg trifft jeden ins Herz«, so nennt sie ein Altarbild, »Visionen zur atomaren Vernichtung der Menschheit« entwickelt sie in einem Holzschnittzyklus. Trotzdem zweifelt sie nicht an, dass Malerei wirksam der Agitation dienen könne.

Nach Abschluss des Studiums, zuletzt als Meisterschülerin des aus der DDR übergesiedelten Hallenser Malers Hermann Bachmann, fühlt sie sich angeregt von den gegenständlichen Meistern der Moderne, Max Beckmann und Paula Modersohn-Becker, van Gogh, den großen Franzosen von Manet bis Renoir: mutig im damals gänzlich der Abstraktion zuneigenden West-Berlin. In dieser Zeit entstehen zahlreiche Selbstbildnisse in Öl, etwa »Selbst à la Beckmann«, die ihre Wegsuche dokumentieren, Bekenntnisse wie »Paula und ich« oder »Frühstück mit Paula« sowie weibliche Aktbilder großer Intensität, ebenso kompositorisch musterhafte Holzschnitte zu diesem Thema. Ab 1978 kann Brachmann ihre Arbeiten in vielen Ausstellungen präsentieren.

Als sie 1994 ihren Wohnsitz in einen ehemaligen LPG-Bauernhof des uckermärkischen Steinrode verlegt, erschließt sich auch ihrer Malerei ein neues Sujet. In unermüdlicher Faszination scheint sie die Landschaften dieses naturbelassenen Fleckens zu durchstreifen und dort immer wieder darstellenswerte Motive aufzuspüren. Was seither als teils größerformatige Bilderfolge um jene Gegend von menschenleerer Weite entstanden ist, hat sich in gut zwei Jahrzehnten zu einem einzigartigen OEuvre an Landschaftsmalerei ausgewachsen. Es offenbart Eindrücke von tiefer Naturverbundenheit ohne jede Sentimentalität.

Brachmann arbeitet dazu mit weiten Farbflächen in Grün, Gelb, Rot, Blau, die sie expressiv in kühnem Schwung aufeinandertreffen lässt. Wuchsähnliche Alleebäume etwa beugen sich einem unsichtbaren Wind und werfen gleiche Schatten; Wege oder auch Traktorspuren schlängeln sich durch Rapsfelder und Mohnwiesen; Hausdächer schmiegen sich der Landschaft ein. Wolken hängen fast fröhlich hingetupft über hügeliger Landwirtschaft, Wolken und Wiesen spiegeln sich in einem Kanal, Herbstbäume lohen geradezu in einem Sturm. Und wenn auf »Boisterfelde mit Rapshügel«, 1999 im Format 120 x 130 Zentimeter gemalt, jene sich nach hinten ansteigenden Felder auf ein langgestrecktes Gehöft zulaufen und in ihrem satten Gelb mit der sinkenden Sonne zu wetteifern scheinen, dann ist soviel Delikatesse in der Auffassung wie der Ausführung kaum mehr zu übertreffen.

Nicht von Ungefähr ziert diese Darstellung landwirtschaftlich terrassierten Anbaus den Band »Berlin - Uckermark. Die Malerin Monika Brachmann«, den Karoline Müller bei Nicolai ediert hat. Er feiert den 70. Geburtstag einer in vielerlei Bereichen des bildnerischen Schaffens bedeutenden Künstlerin, ehrt sie durch vorzügliche Essays zumeist von Friedrich Rothe und hilft durch erlesene Druckqualität, ihr Werk lebendig zu popularisieren.

Karoline Müller (Hg.): Berlin - Uckermark. Die Malerin Monika Brachmann. Nicolaische Verlagsbuchhandlung, 144 S., 140 Abb., 24,95 €.

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