»Rathausblock/Ruhlsdorfer Straße«, so nennt sich das aus drei Häuserblöcken bestehende künftige Sanierungsgebiet, das von Mehringdamm, Tempelhofer Ufer, Yorck- und Großbeerenstraße umschlossen wird. Diesen Dienstag um 18 Uhr lädt die Stadtentwicklungsverwaltung ins Rathaus Kreuzberg, um zu informieren und die »Mitwirkungsbereitschaft« der Anwohner abzufragen.
»Wir hoffen auf eine starke Vertretung der Mieterinteressen«, sagt Enrico Schönberg von der Initiative »Stadt von unten«. Dafür sei es wichtig, das möglichst viele Betroffene von Anfang an dabei seien.
Anlass der Aktivität sind mehrmalige Versuche der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (BImA), das Dragonerareal zum Höchstpreis zu verkaufen und so eine stadtverträgliche Entwicklung unmöglich zu machen. Auch wenn der im Sommer bekanntgewordene 36-Millionen-Deal mit Wiener Investoren vom Bundesrat gestoppt wurde, lässt sich das Bundesfinanzministerium mit der Rückabwicklung Zeit.
Trotzdem hat »Stadt von unten« im Namen der Kreuzberger einen Abschiedsbrief an die »lieben Beinahe-Eigentümer« verfasst. »Dank ihrer Unterstützung ist den Parteien in Land und Bund klar geworden, dass mit privaten Investoren keine soziale Wohnungspolitik zu machen ist. Dafür wollen wir uns bei Ihnen bedanken«, heißt es in dem Schreiben. Das Bündnis habe einen Euro geboten, allerdings mit dem Ziel, durch lokal vernetzte und erfahrene städtische Akteure in einem lokalen und sozialen Modellprojekt wirklich bezahlbaren Wohn- und Gewerberaum zu schaffen.
Prinzipiell liest sich die Senatsvorlage zum anstehenden Bebauungsplan für das Dragonerareal nicht schlecht: Mindestens die Hälfte aller neu zu bauenden Wohnungen sollen im geförderten Wohnungsbau entstehen, Gewerbeflächen sollen auch zu »möglichst moderaten Bedingungen« zur Verfügung gestellt werden, und auch die Potenziale für Kultureinrichtungen, Kitas und Spielplätze sollen entwickelt werden.
Doch es gibt auch Probleme, die das Sanierungsgebiet nicht lösen kann: »Eine WG soll in einer ehemaligen Sozialwohnung 700 Euro mehr zahlen, dann also fast das Zweieinhalbfache der jetzigen Miete«, berichtet Schönberg. Der Fall zeige zum wiederholten Male, dass es schleunigst eine Lösung für die Problematik der sogenannten Kostenmieten geben müsse. Zwar soll sich auf Antrag der SPD-Fraktion im Abgeordnetenhaus eine Expertenkommission auch mit dieser Frage beschäftigen. Mit einer schnellen Lösung ist aber anscheinend nicht zu rechnen.
Bei dem Sanierungsgebietsverfahren muss nach Ansicht Schönbergs »sehr tief auf die Leitziele« eingegangen werden. Es gehe um die Frage, ob und wie Verdrängung und Räumung effektiv verhindert werden könne. »Das gilt übrigens auch für die Gewerbemieter«, sagt er. Gerade für die gibt es kaum einen gesetzlichen Schutz, was Miethöhe und Kündigungen angeht. Ein Problem, das im Kreuzberger Wrangelkiez zur Gründung der Initiative »Bizim Bakkal« führte. Inzwischen kümmern sich die Macher um die ganze Bandbreite von Verdrängung und Spekulation in der Gegend.
Schönberg scheint das ganze Verfahren, das im Mai bereits beendet sein soll, etwas kurz angesetzt:»Gerade bei einem so umstrittenen Gebiet kann man nicht so schnell entscheiden.« Auch seien nur zwei öffentliche Versammlungen zum Thema zu wenig. »Wir wollen nicht von vorn herein sagen, dass alles schlecht ist, aber wir bleiben kritisch«, kündigt er an. Zunächst sei er aber selber neugierig, was die Interessen der Nachbarschaft sind.
Infoveranstaltung von 18 bis 21 Uhr im BVV-Saal des Rathauses Kreuzberg, Yorckstraße 4-11.
Quelle: https://www.nd-aktuell.de/artikel/993915.stadt-fuer-alle-statt-betongold.html