nd-aktuell.de / 16.12.2015 / Wirtschaft und Umwelt

Kleinanleger müssen für Banken blechen

Rettungsaktion sorgt für Unmut in Italien

Wolf H. Wagner, Florenz
Im November rettete Rom vier Regionalbanken. Was Italiener dabei wütend macht: Anleger müssen zahlen, während die Banken mit der Politik verflochten sind.

Die jüngst veröffentlichten Zahlen erschüttern: Etwa 12 500 italienische Kleinanleger sollen bei der Rettung der vier Regionalbanken Cassa di Risparmio di Ferrara, Banca Marche, Banca Popolare Etruria und CariChieti ihr gesamtes angespartes Vermögen verloren haben.

Wütend sind die einfachen Anleger dabei vor allem auf Premier Matteo Renzi. Seine Regierung hatte Ende November einen Rettungsplan in Höhe von 3,6 Milliarden Euro beschlossen, für den gemäß den neuen EU-Regeln nicht die Steuerzahler zur Kasse gebeten werden. Stattdessen musste der Bankensektor einen Rettungsfonds finanzieren. Während Kleinsparer geschützt waren, mussten sich 130 000 Inhaber von Aktien und Obligationen an den Verlusten beteiligen. Darunter befinden sich auch 1010 Kleinanleger, die Ersparnisse unter 100 000 Euro in Anleihen der vier Kreditinstitute investiert hatten. Der Vorwurf an die Banken zielt vor allem auf Falschberatung und Nichtaufklärung über eventuelle Risiken. Aufrüttelnd der Fall eines 78-Jährigen, der sich in der vergangenen Woche das Leben genommen hatte. Der Mann aus Civitavecchia hatte 100 000 Euro - die Ersparnisse eines langen Arbeitslebens - in Obligationen der Banca Etruria investiert und nun verloren.

Der Fall erregte die Öffentlichkeit. Schwere Vorwürfe wurden Premier Renzi gemacht, die Folgen des Dekrets zur Rettung der angeschlagenen Banken nicht bedacht und vor allem nicht angesprochen zu haben. Seit Tagen gehen die um ihre Ersparnisse gebrachten Kleinanleger auf die Straße, begleiteten auch eine in Florenz abgehaltene Veranstaltung der Demokratischen Partei, auf der Renzi erneut die Richtigkeit seines Politik- und Wirtschaftskurses darzulegen versuchte.

Doch je vollmundiger er auftritt, desto mehr schauen Oppositionspolitiker und Medienvertreter hinter die Kulissen. Der Journalist und Buchautor Roberto Saviano brachte einen Stein ins Rollen, der von Renzis Gegnern mit Freude aufgegriffen wurde. Saviano forderte die Ministerin für Verfassungsreformen, Maria Elena Boschi, zum Rücktritt auf. Begründung: Zwischen dieser Funktion und der Rolle ihres Vaters Pier Luigi Boschi als Vizepräsident der Banca Popolare Etruria bestehe ein Interessenskonflikt im Zusammenhang mit dem Rettungsdekret.

Dass zur selben Zeit der letzte Präsident der Banca Etruria, Lorenzo Rosi, mit seiner Firma Nikila Invest Partner des Bauunternehmens von Tiziano Renzi, dem Vater des Regierungschefs, wurde, lässt die Wogen noch höher schlagen. Von Familienklüngel ersten Ranges ist die Rede, wobei die Renzi-Anwälte eine Verbindung dementieren.

Folgerichtig kündigte Alessandro Di Battista, Vertreter der Fünf-Sterne-Bewegung (M5S), einen Misstrauensantrag gegen Maria Elena Boschi im Parlament an. Sollte M5S damit durchkommen, würde Renzi einer seiner wichtigsten Ministerinnen, die er unbedingt für die Durchsetzung seiner Verwaltungsreformen benötigt, beraubt. Weitere Oppositionsparteien wie Forza Italia und die im Erstarken begriffene Lega Nord haben bereits durchblicken lassen, dass sie sich einem solchen Antrag der M5S anschließen könnten.