nd-aktuell.de / 14.01.2016 / Wirtschaft und Umwelt / Seite 3

Export von Milch bleibt Strategie

Bauern kritisieren EU-Kommissar Hogan

Die europäischen Milchbauern starten unter miserablen Bedingungen in das Jahr 2016: »Die Milchpreise sind seit Monaten im Keller, vielen Höfen steht das Wasser bis zum Hals und trotz anhaltender Proteste der Erzeuger in ganz Europa ändert sich nichts an der kurzsichtigen Wachstums- und Exportstrategie der EU-Kommission«, kritisiert das European Milk Board (EMB) als Vertretung der Milchbauern anlässlich des Beginns der Grünen Woche am Freitag in Berlin. Johanna Böse-Hartje, Milchbäuerin aus Niedersachsen erklärt: »Wenn Bauern für einen Liter Milch 20 Cent weniger erhalten als das, was sie an Kosten hatten, können sie ihre Betriebe auf Dauer nicht halten.« Das Höfesterben gehe unvermindert weiter.

Um die Milchkrise zu meistern, schlägt das EMB als Instrument ein Marktverantwortungsprogramm zum flexiblen Krisenmanagement vor, das den europäischen Milchmarkt nachhaltig stabilisieren würde. Auch die Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft stützt diesen Kurs.

Bisher zeige sich EU-Agrarkommissar Phil Hogan allerdings nicht bereit, sich mit diesem Konzept auseinanderzusetzen, kritisiert das EBM. Der EU-Kommissar setzt wie Bundesagrarminister Christian Schmidt (CSU) eher auf die Ausweitung der Exportstrategie und will angesichts der Flaute lieber kurzfristige Liquiditätshilfen verteilen. Denn die Richtung bleibt der Weltmarkt. Darin sind sich die EU-Kommission, die deutsche Regierung und der Bauernverband einig.

Udo Folgert vom Deutschen Bauernverband (DBV) begrüßte die Liquiditätshilfen als »eine wichtige Hilfe«, die jedoch angesichts der Marktlage »nicht ausreichend sei«. Der »Milchbauernpräsident« erklärte, die Auswirkungen des russischen Importembargos könnten nicht allein von den Landwirten geschultert werden.

Für die agrarpolitische Sprecherin der LINKEN, Kirsten Tackmann, ist »das Jammern des Bauernverbandes« über das weiter bestehende Russlandembargo »heuchlerisch«. Vielmehr sei das ein weiteres Zeichen dafür, dass Exportstrategien hochriskant sind. »Trotzdem rührt eine unheilige Allianz aus Bauernverband und Bundesregierung weiter die Werbetrommel für Agrarexporte«, kritisiert Tackmann und fordert stattdessen »mehr Regionalität sowohl im Interesse der einheimischen Branche als auch der Verbraucherinnen und Verbraucher«. Das will laut einer Forsa-Umfrage des Bündnisses »Wir haben es satt« auch die Mehrheit der Landwirte.