Gesundheitsversorgung statt Sambaparaden

Brasiliens Karneval steckt in der Krise - 50 Städte sagen die Feiern ab

  • Regine Reibling, Quito
  • Lesedauer: 2 Min.
Die tiefe Wirtschaftskrise in Brasilien wirkt sich auch auf den Karneval aus. Statt in Sambaparaden investieren die Städte in Gesundheitsversorgung, neue Straßen und den Kampf gegen das Zikavirus.

Karneval ist das größte Fest in Brasilien. Es steht für Leidenschaft, Lebensfreude und Identität der Brasilianer. Doch in diesem Jahr ist vielen Menschen gar nicht zum Feiern zumute. Wirtschaftskrise, Korruptionsskandal und die Angst vor einer Epidemie des Tropenvirus Zika drücken auf die Stimmung. Rund 50 Städte in acht Bundesstaaten haben die Karnevalsfeierlichkeiten abgesagt, wie das Onlineportal G1 berichtet.

Andere Städte schränken die Ausgaben für die traditionellen Sambaparaden deutlich ein oder hoffen auf private Geldgeber. »Nicht unbedingt nötige Leistungen werden zuerst gekürzt«, betonte Gabriel Rapassi, Kulturverantwortlicher von Campinas im Bundesstaat São Paulo. In den vergangenen Jahren habe die Stadt 1,3 Millionen Real (294 000 Euro) für Sambaparaden ausgegeben, doch die Steuereinnahmen seien dramatisch gesunken. In Porto Ferreira, ebenfalls im Bundesstaat São Paulo, entschied der Bürgermeister, die 150 000 Real für den Karneval lieber in die Gesundheitsversorgung zu stecken.

Brasilien befindet sich seit mehr als einem Jahr in einer Rezession. 2015 schrumpfte die Wirtschaft um 3,7 Prozent, 2016 wird ein Rückgang um 3 Prozent erwartet. Die Inflation kletterte im November auf rund 10 Prozent. Die Arbeitslosigkeit ist mit 6,8 Prozent so hoch wie seit 2009 nicht mehr, meldeten Medien am Donnerstag. Hinzu kommt der Korruptionsskandal um den halbstaatlichen Ölkonzern Petrobras, in den auch die regierende Arbeiterpartei verwickelt ist. Der niedrige Ölpreis zwingt das Unternehmen zu Sparmaßnahmen.

Der Sitz des Ölriesens befindet sich in Rio de Janeiro, das am Tropf des Unternehmens hängt. Die Krise werden die Besucher in der Karnevalshochburg kaum zu spüren bekommen. Die Zuschüsse für die Sambaschulen seien verdoppelt worden, so die spanische »El Pais«. Große Sorgen bereitet den Behörden eine drohende Zikavirus-Epidemie. Tausende Beamte sind mit Insektengift unterwegs.

Wirtschaftliche Einsparungen gibt es beim Straßenkarneval in Rio. Die Organisatoren kürzen bei Musikern und Masken. Das spüren die Traditionsgeschäfte. Olga Valles, Besitzerin von Condal, einer der größten Produzenten von Karnevalsmasken, hat in der Saison ein Drittel weniger verkauft als üblich. »Die wirtschaftliche Situation ist noch schlechter, als viele Menschen sich vorstellen.«

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