nd-aktuell.de / 30.01.2016 / Politik / Seite 5

Frauen und Kinder zuletzt

Das bevorstehende zweite »Asylpaket« bringt für besonders gefährdete Personen vor allem Verschlechterungen

Besonders die selbsternannten christlichen Parteien erklären Familie und Kinder zu ihren wichtigsten Themen. Solange es keine Flüchtlinge sind. Die werden bewusst Gefahren ausgesetzt.

Berlin. Nach einem Bericht des »Spiegel« ist ein von der Bundesregierung zunächst geplanter besserer Schutz von Frauen und Kindern in Flüchtlingsunterkünften bei den Verhandlungen zum »Asylpaket II« wieder gestrichen worden. Im September hatten sich Familienministerin Manuela Schwesig (SPD) und Innenminister Thomas de Maizière (CDU) auf entsprechende Regelungen geeinigt. Nun seien die Vorschläge jedoch nicht Bestandteil des Asylpakets II, das Innenministerium habe sie kassiert.

In der aktuellen Fassung des Asylpakets, die am Donnerstag von den Spitzen den Koalition gebilligt wurde, sei nur noch die Rede davon, dass ehrenamtliche Helfer zukünftig erweiterte Führungszeugnisse vorlegen müssen. Ursprünglich hätten die Länder auch gezwungen werden sollen, Mindeststandards wie abschließbare Toiletten und getrennte Duschen in ihren Flüchtlingsunterkünften bereitzustellen. Außerdem sei geplant gewesen, dass all jene Heime, in denen Flüchtlingskinder leben, eine Betriebserlaubnis nach dem Kinder- und Jugendhilferecht benötigen.

Dass diese Regelungen nun nicht vorgesehen sind, nannte der Missbrauchsbeauftragte der Bundesregierung, Johannes- Wilhelm Rörig, laut dem Magazin »grob fahrlässig«. Es gebe immer mehr Fälle von sexuellen Übergriffen auf Kinder in Flüchtlingsunterkünften. Franziska Brantner, familienpolitische Sprecherin der Grünen-Fraktion, sagte, aus ihrer Sicht wären die Maßnahmen in Flüchtlingsheimen auch Prävention - und Symbol für das Zusammenleben mit den Neuankömmlingen. »Das ist der erste Ort, wo sie Deutschland und unseren Rechtsstaat kennenlernen«, sagte Brantner.

Warten auf die gefährdete Familie

Vor allem auch die Beschränkung des Familiennachzugs für Flüchtlinge mit sogenanntem subsidiärem Schutz, sorgt für Empörung. »Zu befürchten ist, dass die geplante Verschärfung Familien auf bis zu vier bis fünf Jahre auseinanderreißen würde«, erklärt der Flüchtlingsrat Niedersachsen. Bis zum positiven Asylentscheid könne ein Jahr vergehen, darauf folge die zweijährige Sperrfrist. Bis die Angehörigen einen Termin in der deutschen Botschaft bekämen, könne es ebenfalls bis zu einem Jahr dauern. »Im Anschluss werden die Reisedokumente mehrere Monate lang geprüft. In dieser Zeit sind Familien von subsidiär Geschützten weiterhin Gefahren in den Verfolgerstaaten ausgesetzt. Viele Familienangehörige, auch Kinder, werden so vor die Wahl gestellt, jahrelang im Kriegs- oder Krisengebiet, Verfolgung, Gefahr und Elend ausgesetzt zu bleiben oder die lebensgefährliche Flucht über die Ägäis und die Balkan-Route auf sich zu nehmen. Der verweigerte Familiennachzug wird tödliche Folgen haben«, so der Flüchtlingsrat. Agenturen/nd