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Die Polizei als Brandstifter
Christian Klemm über die Silvesternacht in Connewitz
Nach den Ereignissen in Leipzig-Connewitz gibt es kein Halten mehr. Konservative Politiker haben die »hässliche Fratze des Linksterrorismus« ausgemacht. Die AfD schwafelt von einer »Gefahr für die Innere Sicherheit«. Und in der FDP wird vor einer »Relativierung« der Ereignisse gewarnt. Dass die Polizei in der Silvesternacht durch verdachtsunabhängige Personenkontrollen und Gewalt gegen Unbeteiligte an der Eskalationsschraube gedreht hat, geht in dieser Propagandaschlacht beinahe unter.
Über die Vorgänge am Jahreswechsel herrscht indes noch immer Unklarheit. Zu Recht gab es Zweifel daran, ob der verletzte Beamte tatsächlich – wie von der Polizei zunächst behauptet – notoperiert wurde. Entgegen ersten Angaben seien Beamte auch nicht mit Pyrotechnik angegriffen worden, erklärte die Staatsanwaltschaft Leipzig. Und dennoch wurde die offizielle Darstellung von der Presse verbreitet. Offenbar ist man in vielen Redaktionsstuben der Staatsmacht auf den Leim gegangen.
Und das nicht zum ersten Mal. Als die Polizei im Sommer 2017 den Kiezladen Friedelstraße 54 in Berlin räumte, sprach sie von einer »Lebensgefahr für unsere Kollegen«, weil der Knauf einer Kellertür »unter Strom gesetzt« worden sei. Eine Lüge, die sich wie ein Lauffeuer verbreitete und anschließend nur schwer gelöscht werden konnte. Auch der Angriff mit Brandsätzen auf Beamte bei den G20-Protesten hat so nicht stattgefunden. Die Polizei tritt also nicht erst seit Connewitz als Meinungsmacher in Aktion. Sie ist schon länger ein politischer Akteur mit eigenen Interessen und eben keine neutrale Informationsquelle.
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