Militärs unter Terrorverdacht

Bundesanwaltschaft lässt Ex-Bundeswehrsoldaten festnehmen

Wieder mal Ex-Bundeswehrangehörige - und eine Verbindung zur privaten Sicherheitsfirma Asgaard, deren Protagonisten durch rechtsradikale Äußerungen aufgefallen waren: Die Bundesanwaltschaft hat am Mittwoch in Landkreis Breisgau-Hochschwarzwald sowie in München zwei Ex-Militärs festnehmen lassen, die am Aufbau einer Söldnertruppe gearbeitet haben sollen.

Gegen die ehemaligen Fallschirmjäger Arend-Adolf G. und Achim A. wird wegen des dringenden Verdachts ermittelt, als Rädelsführer seit Anfang dieses Jahres versucht zu haben, eine terroristische Vereinigung zu gründen, wie es in der Mitteilung der Behörde heißt. Mit einer unter ihrem Kommando stehenden Söldnertruppe hätten sie monatlich rund 40 000 Euro für jedes Mitglied verdienen wollen. Die paramilitärische Einheit sollte 100 bis 150 Mann und vor allem ehemalige Angehörige der Bundeswehr oder frühere Polizisten umfassen. Einer der Beschuldigten soll bereits zu mindestens sieben Personen Kontakt aufgenommen haben.

Der erste Hinweis auf die Machenschaften der beiden Männer ging offenbar bereits vor einigen Monaten beim Militärischen Abschirmdienst (MAD) ein. Er soll von einem Mann gekommen sein, der von den Beschuldigten angesprochen worden sei. Mit ihrer Truppe wollten die Festgenommenen laut Bundesanwaltschaft in den Bürgerkrieg im Jemen eingreifen und Friedensverhandlungen zwischen den Huthi-Rebellen und der von Saudi-Arabien unterstützten Regierung erzwingen.

Die Beschuldigten hofften auf Finanzierung ihrer Pläne durch Saudi-Arabien. Einer von ihnen versuchte, mit staatlichen Stellen in Saudi-Arabien Kontakt aufzunehmen. Diese hätten jedoch nicht reagiert. Laut Bundesanwaltschaft war den Männern bewusst, «dass die von ihnen zu befehligende Einheit bei ihrem Einsatz zwangsläufig auch Tötungshandlungen werde ausführen müssen» und dass auch Zivilisten getötet und verletzt werden würden. Ein Sprecher des Bundesverteidigungsministeriums erklärte, die Zugehörigkeit der Verdächtigen zur Bundeswehr liege mehr als ein Vierteljahrhundert zurück.
Ermittler durchsuchten im Rahmen der Ermittlungen gegen die beiden Männer am Mittwoch auch deren Wohnungen in München sowie im Landkreis Calw. Zudem wurden den Angaben zufolge Räumlichkeiten von vier nicht tatverdächtigen Personen in Baden-Württemberg und Bayern durchsucht. Ein Richter am Bundesgerichtshof sollte noch am Mittwoch über eine Untersuchungshaft der Beschuldigten entscheiden.

Laut Bundesanwaltschaft war ihnen bei ihren Planungen Jemen bewusst, «dass die von ihnen zu befehligende Einheit bei ihrem Einsatz zwangsläufig auch Tötungshandlungen werde ausführen müssen. Zudem rechneten sie damit, dass im Zusammenhang mit Kampfhandlungen auch Zivilisten getötet und verletzt werden würden.»

Nach Angaben des Bundesverteidigungsministeriums liegt die Zugehörigkeit der Verdächtigen zur Bundeswehr lange zurück. Beide seien «im letzten Vierteljahrhundert nicht bei der Bundeswehr» gewesen, sagte ein Sprecher. Auch Einsätze in der Reserve hätten sich in den verfügbaren Akten für die letzten zehn Jahre nicht feststellen lassen. Das Ministerium arbeite «eng» mit den Ermittlungsbehörden zusammen, könne aber nur einen «eher bescheidenen» Beitrag leisten.

Beide Verdächtige arbeiteten nach ihrem Militärdienst bei der Sicherheitsfirma Asgaard, Arend-Adolf G. laut «Spiegel online» zeitweise als deren Geschäftsführer. Über rechtsradikale Ansichten und Äußerungen von deren früherem Chef Dirk G. berichtete unter anderem das ARD-Magazin Kontraste im September 2020. Im Februar dieses Jahres durchsuchten Ermittler der Bundesanwaltschaft die Räumlichkeiten der Firma wegen des Verdachts der Vorbereitung einer «schweren staatsgefährdenden Straftat. Dirk G. soll zudem die Linke-Bundestagsabgeordnete und stellvertretende Linke-Bundesvorsitzende Martina Renner mit dem Tod bedroht haben.

Der Sprecher des Verteidigungsministeriums verwies darauf, dass für alle Mitglieder der Bundeswehr ein Verbot der Betätigung bei Asgaard gelte. Im vergangenen Jahr sei ein Soldat in diesem Zusammenhang »auffällig« geworden, was »sofort« mit einem Verbot der Dienstausübung geahndet worden sei. Das Ministerium sehe bei der Abgrenzung von privaten Sicherheitsfirmen aber keinen Anlass zu »verschärfenden Regeln«.

Das sieht die Linke-Bundestagsabgeordnete Sevim Dagdelen anders. Der neue Vorfall zeige, »wie notwendig und überfällig ein eindeutiges Verbot für private militärische Dienstleistungen« sei, erklärte sie am Mittwoch. Die neue Bundesregierung dürfe die »Ratifizierung der Söldnerkonvention der Vereinten Nationen nicht länger verschleppen« und müsse die »Einstellung, Ausbildung, Verwendung und Finanzierung von Söldnern rechtswirksam« verbieten.

Auch Martina Renner kritisierte, gegen den Aufbau paramilitärischer rechter Gruppierungen in Deutschland sei jahrelang zu wenig unternommen worden. Es sei seit langem bekannt, dass es solche Gruppen und ihre Kontakte zur Bundeswehr »und ganz konkret in Spezialeinheiten« gebe, sagte die LinPolitikerin am Mittwoch in der ARD. Bekannt sei auch, dass es sich »um wirklich überzeugte extreme Rechte« handele, die planten, »mit Gewalt die Demokratie abzuschaffen und ein autoritäres System zu errichten«. Das sei hochgefährlich, weil die betreffenden Personen im Umgang mit Waffen und Sprengstoff geübt und ausgebildet seien.

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