Neonazis an Grenze aufgegriffen

Polizei geht gegen »III. Weg«-Anhänger im Raum Guben vor und erteilt Platzverweise

  • Sebastian Bähr
  • Lesedauer: 4 Min.

Die Polizei hat in Brandenburg an der polnischen Grenze geplante »Patrouillen« von Neonazis teilweise verhindert. Bis Sonntagmorgen seien in der Region Guben gegen mehr als 50 Personen Platzverweise ausgesprochen und ihre Identität festgestellt worden, teilte die Polizeidirektion Süd am Sonntag in Cottbus mit. Die extrem Rechten stammten den Angaben zufolge aus der Region, hatten aber auch Unterstützung aus den Bundesländern Sachsen, Mecklenburg-Vorpommern, Berlin und Bayern erhalten.

Rund 30 Menschen seien laut den Beamten vor Mitternacht bei dem Dorf Gastrose angetroffen worden, dazu habe man im Stadtgebiet von Guben sowie am Neiße-Damm mehrere Personen aufgespürt. Alle hätten Platzverweise für die Grenzregion erhalten. Bei den Personenkontrollen seien unter anderem Pfeffersprays, ein Bajonett, eine Machete und Schlagstöcke sichergestellt worden, teilte die Polizei weiter mit. Gegen die Eigentümer der Gegenstände habe man Strafverfahren eingeleitet. Festnahmen habe es nicht gegeben.

Zu den Patrouillen hatte die Neonazi-Kleinstpartei »Der III. Weg« öffentlich aufgerufen. Diese erklärte im Nachhinein auf ihren Kanälen, dass es trotz der Festsetzungen gelungen sei, »längere Zeit die Grenze zu besichtigen und somit Grenzgänge durchzuführen«. Nicht alle Teilnehmer hätte die Polizei aufgreifen können. Bilder der Neonazis zeigten vermummte Personen an Grenzabschnitten, unter anderem mit Ferngläsern. Nun hoffe man auf Nachahmungen der Aktion.

Mehrere Antifaschisten waren am Wochenende ebenso in das Grenzgebiet gereist, um die Patrouillen der Neonazis zu verhindern und Geflüchtete gegebenenfalls zu schützen. Vorabtreffpunkte und Telefonnummern der Neonazis wurden von ihnen veröffentlicht, um die Koordination der extremen Rechten zu stören. »Wir sind an der Grenze zu Polen um sicherzustellen, dass Flüchtende hier weder von Nazis noch von der Polizei schikaniert werden«, schrieb der Aktivist Ruben Neugebauer Samstagnacht. Er veröffentlichte dazu das Bild eines Grenzpfahls mit einem Plakat: »Bleiberecht für Alle – III. Weg zerschlagen«.

Ein Netzwerk von antifaschistischen Initiativen aus Brandenburg hatte derweil in der Gubener Innenstadt eine 24-stündige Mahnwache angemeldet. »Wir wollen den Neonazis nicht die Region überlassen. Wir wollen ein Zeichen setzen, dass Asyl ein Menschenrecht ist und bleibt«, hieß es im Aufruf. »Gerade die aktuellen erschreckenden Bilder aus Afghanistan nach der Machtübernahme der Taliban sollten uns zum Handeln zwingen.« Laut dem Aktionsbündnis Brandenburg nahmen rund 150 Menschen an der Mahnwache teil. Am Rand habe es »kleine Provokationen« gegeben. Die Polizei sprach von einem »störungsfreien Verlauf«.

Laut dem rbb-Journalisten Olaf Sundermeyer hatten dagegen 20 Neonazis aus der Region die Mahnwache ausgekundschaftet und sich dabei »aggressiv gegenüber Medien und der Polizei« verhalten. Die Grünen-Kommunalpolitikerin Barbara Domke berichtete über die Rechten, musste nach eigener Aussage jedoch ein Foto in sozialen Medien löschen, da der Bürgermeister von Guben, Fred Mahro (CDU), dies von ihr gefordert habe. Der Politiker habe ihr gegenüber die Neonazis verharmlost, so Domke. Bürgermeister Mahro erklärte später, er lehne jegliche Form von Selbstjustiz oder die Übernahme von Teilen des Gewaltmonopols des Staates ab. Er sei konsequent gegen jegliche Form von »Grenzgängen« und bitte darum, dem Aufruf der Rechten nicht zu folgen.

Am Sonntag hatten sich zahlreiche Politiker und Verbände entsetzt gezeigt über die Patrouillen der Neonazis. »Es ist ein Glück, dass bisher niemand verletzt wurde. Es ist nur eine Frage der Zeit, bis etwas passiert, wenn dies nicht verhindert wird«, erklärte die sächsische Linke-Aktivistin Clara Anne Bünger.

In den vergangenen Wochen waren mehrfach Schutzsuchende über die polnische Grenze nach Deutschland gekommen. Die Flüchtlinge gelangten wiederum zuvor über Belarus nach Europa. Der belarussische Machthaber Alexander Lukaschenko hatte als Reaktion auf westliche Sanktionen im Frühjahr erklärt, er werde Geflüchtete auf dem Weg in die Europäische Union nicht mehr aufhalten. Die Bundespolizei geht davon aus, dass derzeit etwa 100 bis 150 Menschen ohne Papiere täglich die Grenze passieren. Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) kündigte jüngst an, die Grenzen zu stärken und die Zusammenarbeit mit Polen dafür auszubauen. Bisher seien acht Hundertschaften der Polizei an die polnische Grenze verlegt worden.

Die brandenburgischen Beamten teilten am Sonntag mit, vorerst weiter in der dortigen Gegend zu patrouillieren. Man arbeite dabei eng mit der Bundespolizei zusammen. Neonazis erklärten derweil in sozialen Netzwerken, in anderen Grenzstädten weitere derartige Aktionen durchführen zu wollen. Inwiefern wirkliche Planungen dahinterstehen, ist derzeit unklar.

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