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Schienenausbau: Nicht im Takt
Verkehrsexperten hoffen auf mutige Schritte beim Schienenausbau in der Hauptstadtregion
Als es Anfang März aus dem Bundesverkehrsministerium hieß, dass mit der Einführung des Deutschlandtakts erst 2070 zu rechnen sei, wurde das mit einiger Belustigung quittiert. Bei der Vorstellung des Projekts 2018 hatte der damalige Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) noch die Zielmarke 2030 ausgegeben. Man kennt es: Verspätungen sind bei der Bahn ja nicht ungewöhnlich. Tatsächlich sprachen Experten aber schon damals von einem Mammut-Projekt für die kommenden Jahrzehnte.
Mit dem Deutschlandtakt soll das Schienenangebot für Personen- und Güterverkehr nach Schweizer Vorbild ausgebaut werden. Dabei geht es vor allem um eine bessere Abstimmung. An Knotenpunkten sollen Personenzüge künftig zur selben Zeit eintreffen und dann auch wieder abfahren – Fernzüge im 60-Minuten-Takt, auf den Hauptverbindungen sogar alle 30 Minuten.
Mit dem Deutschlandtakt soll aber auch die Streckenplanung auf neue Beine gestellt werden. Statt regional einzeln zu planen, wird erst ein Zielfahrplan für ganz Deutschland entwickelt, bevor es an die konkrete Planung geht. Das Bundesverkehrsministerium macht sich nun an die Überarbeitung des Zielfahrplans, bei dem dieser an die gestiegenen Anforderungen angepasst werden soll.
Der Fahrgastverband Pro Bahn Berlin-Brandenburg und das Bündnis Schiene Berlin-Brandenburg appellieren nun an beide Länder, deutlich mehr Bedarfe anzumelden. Zuletzt sei bis auf die Potsdamer Stammbahn und das dann wieder aufgegebene Projekt des Prignitz-Express nur angemeldet worden, was ohnehin in Verkehrsverträgen bereits vergeben oder als Ausschreibung geplant war.
Das müsse sich nun ändern, wenn eine Verdoppelung des Verkehrs im Schienenpersonenverkehr das Ziel sein soll. Pro Bahn und Bündnis Schiene haben dazu eine 30 Punkte umfassende Liste an aus ihrer Sicht notwendigen Ausbauten vorgelegt. Von der Nahverkehrstangente Ost in Berlin bis hin zum zweigleisigen Ausbau der Ostbahn finden sich dort zahlreiche Vorschläge.
Dennoch sagt Axel Schwipps vom Bündnis Schiene Berlin-Brandenburg: »Die von uns miterarbeitete Liste des zusätzlichen Bedarfs an Schienenverkehrsleistungen ist eher am unteren Ende des tatsächlichen Bedarfs in den 2030er Jahren.«
Schon einzelne Vorschläge wie die vorgeschlagene zweite Achse Berlin–Rostock sind für sich allein teuer. Die Liste an Vorschlägen bedeutet allerdings eine Rieseninvestition, das wissen auch die Bahnexperten. »Sparsamkeit ist eine Tugend, aber nicht bei Investitionen in die Zukunft«, ist deshalb Peter Cornelius, Vorsitzender von Pro Bahn Berlin-Brandenburg, überzeugt.
Doch gerade mit der Anmeldung größerer Bedarfe kann auch das Budget für die Schieneninfrastruktur wachsen, sind die Bahnexperten überzeugt. Wenn in Berlin und Brandenburg nachgewiesen würde, dass ein hoher Bedarf besteht, würden mehr Strecken in die Planung aufgenommen werden, was wiederum die Bundesmittel für die Finanzierung der Verkehrsleistungen durch die Länder ab 2030 erhöhen würde.
Bis dahin gilt nämlich noch die aktuelle Bemessung der Regionalisierungsmittel. »Wer jetzt nicht hohen Bedarf im Fahrplan anmeldet, wird nach 2030 keine Mittel für Betriebsleistungen bekommen«, sagt Axel Schwipps vom Bündnis Schiene.
Will man den Deutschlandtakt erreichen, kommt es aber nicht nur auf mehr Strecke an. Die Bahnexperten fordern auch, dass analog zu Stuttgart der Berliner Bahnknoten und insbesondere die Stadtbahnstrecke digitalisiert werden. Es geht um das European Train Control System (ETCS), also das Europäische Zugbeeinflussungssystem, das die herkömmliche und veraltete Signaltechnik ersetzen und langfristig in ganz Europa die einzelnen nationalen Systeme ablösen soll. In Stuttgart soll dieses bis 2025 erstmals in Deutschland bei einem zentralen Knoten umgesetzt werden, um die Leistungsfähigkeit des Bahnhofs zu erhöhen.
Der Vorteil der Digitalisierung ist die Erhöhung der Zugfolge. Das wäre vor allem für die überlastete Stadtbahnstrecke, über die sowohl Nah- als auch Fernverkehr geführt wird, ein Schritt, um die Kapazität zu erhöhen, ohne einen Meter neues Gleis verlegen zu müssen.
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