Evangelische Kirche: Eingeschränkte Aufklärung zu Missbrauch

Studie zu sexualisierter Gewalt in der evangelischen Kirche lückenhaft

  • Lesedauer: 2 Min.
Bei der Vorstellung der Studie zu sexualisierter Gewalt in der evangelischen Kirche gab es in Hannover auch Protest.
Bei der Vorstellung der Studie zu sexualisierter Gewalt in der evangelischen Kirche gab es in Hannover auch Protest.

Hannover.  Eine von der Evangelischen Kirche in Deutschland beauftragte Studie zur Untersuchung von Missbrauchsfällen hat nach Einschätzung der Studienmacher nur eine stark eingeschränkte Aufklärung zur Zahl der Fälle erbracht. Es sei wegen der nur geringen Zahl der zur Verfügung stehenden Akten allenfalls »die Spitze der Spitze des Eisbergs« aufgearbeitet worden, sagte Studienmacher Martin Wazlawik am Donnerstag bei der Präsentation in Hannover.

Aus den Akten ergibt sich demnach eine Zahl von 1259 Beschuldigten im Bereich von evangelischer Kirche und Diakonie sowie eine Zahl von 2225 Missbrauchsfällen. Dem Forschungsverbund standen aber deutlich weniger Akten zur Verfügung als etwa den Studienmachern der katholischen Studie zum sexuellen Missbrauch. So legte nur eine von 20 Landeskirchen umfassend Personalakten vor.

nd.Kompakt – unser täglicher Newsletter

Unser täglicher Newsletter nd.Kompakt bringt Ordnung in den Nachrichtenwahnsinn. Sie erhalten jeden Tag einen Überblick zu den spannendsten Geschichten aus der Redaktion. Hier das kostenlose Abo holen.

Wazlawik kritisierte als ein Ergebnis der Studie die negativen Folgen der heterogenen Struktur der evangelischen Kirche für Missbrauchsopfer. Diese führe dazu, dass mit den Betroffenen unterschiedlich umgegangen werde. »Das heißt, diese vielbeschworene evangelische Vielfalt hat hier ganz konkrete, oft nachteilige Folgen für die Betroffenen.« So seien Verantwortlichkeiten häufig nicht klar erkennbar. Die amtierende Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland, Kirsten Fehrs, erklärte: »Immer wieder neu, seit ich mich mit dem Thema befasse, erschüttert mich aufrichtig diese abgründige Gewalt, die so vielen Menschen in unserer Kirche angetan wurde.«

Ein unabhängiger Forschungsverbund unter dem Dach der Hochschule Hannover hatte in den vergangenen Jahren in mehreren Teilstudien unter anderem die Erfahrungen von Betroffenen, den Umgang mit sexualisierter Gewalt in der Kirche und die Häufigkeit solcher Fälle untersucht. Die Missbrauchsstudie war im Jahr 2020 durch einstimmigen Beschluss der 20 Landeskirchen auf den Weg gebracht worden.  Agenturen/nd

Werde Mitglied der nd.Genossenschaft!
Seit dem 1. Januar 2022 wird das »nd« als unabhängige linke Zeitung herausgeben, welche der Belegschaft und den Leser*innen gehört. Sei dabei und unterstütze als Genossenschaftsmitglied Medienvielfalt und sichtbare linke Positionen. Jetzt die Beitrittserklärung ausfüllen.
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft

Das »nd« bleibt gefährdet

Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.

Vielen Dank!