BLOGwoche: Was ist geistiger Diebstahl?

  • Heiko Hilker
  • Lesedauer: 2 Min.

»Tagesthemen«-Moderator Tom Buhrow freut sich über die Initiative zum Schutz des Urheberrechts. »Hier wird ein wichtiges Zeichen gegen den Diebstahl geistigen Eigentums gesetzt«, so lässt er sich vom Tagesspiegel zitieren.

Ist das öffentlich-rechtliches Niveau? Wie sieht für Tom Buhrow der Diebstahl »geistigen Eigentums« aus? Hat er schon einmal sich im Strafgesetzbuch angesehen, wie Diebstahl definiert ist? Wem wird etwas unter Androhung von Gewalt weggenommen? Liest er die einschlägigen Blogs?

»Wer vom Diebstahl geistigen Eigentums spricht, macht damit deutlich, dass er nicht ansatzweise gewillt ist, eine Sachdebatte differenziert zu führen. Während man über die juristische Fiktion vom geistigen Eigentum durchaus noch kontrovers diskutieren kann, ist die mantraartig bemühte Analogie zum Diebstahl und zum Raub schon auf den ersten Blick verfehlt. Denn das zentrale Tatbestandsmerkmal von Diebstahl und Raub ist die Wegnahme (einer Sache). Bei einer Urheberrechtsverletzung wird aber nichts weggenommen, sondern es wird ganz im Gegenteil etwas kopiert und dadurch vermehrt. Die Urheberrechtsverletzung im Internet, deren ›Tathandlung‹ in einer Vervielfältigung und öffentlichen Zugänglichmachung eines Geisteswerks besteht, ist das exakte Gegenteil einer Wegnahme.« So Thomas Stadler in seinem Blog.

Udo Vetter spitzt dies so zu: »Es ist durchaus nicht vermessen und schon gar nicht illegal zu fordern, dass sich das Urheberrecht an die Gegebenheiten der digitalen Welt anpassen soll und nicht umgekehrt. Es könnten sich nämlich auch durchaus Mehrheiten finden, welche die jetzige oder gar künftig verschärfte Kontrolle und Überwachung des Internets wegen - gesamtwirtschaftlich bescheidener - finanzieller Interessen schlichtweg ablehnen.«

Kann jemand, der falsche Begriffe benutzt, im öffentlich-rechtlichen Rundfunk noch moderieren? Ja. Denn die ARD ist ja auch dafür, dass die Bundesregierung ACTA unterzeichnet. Tom Buhrow ist also voll auf Linie der Führungsspitze, jedoch nicht auf der fachlichen Höhe der Debatte.

Der Autor ist Mitglied des MDR-Rundfunkrats und lebt in Dresden; zum Weiterlesen: www.dimbb.

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