Dresdner Exempel

Wolfgang Hübner über die Forderung der Dresdner Staatsanwaltschaft

Dass Neonazis am Jahrestag der Dresdner Bombennacht seit drei Jahren praktisch nicht mehr marschieren und Geschichtsfälschungen verbreiten können, wird als Sieg der Zivilgesellschaft gefeiert. Teile der sächsischen Justiz sehen das offenbar anders. Die Dresdner Staatsanwaltschaft und manche Richter ermitteln und prozessieren inbrünstig gegen Leute, die sich den Nazis in den Weg stellen. Mit bemerkenswerter Verfolgungswut versucht man beispielsweise, Abgeordnete von Linkspartei und Grünen als Blockade-Rädelsführer zu belangen. Eine Hartnäckigkeit, die den SPD-Politiker Wolfgang Thierse von sächsischen Verhältnissen sprechen ließ.

Kürzlich wurde Tim H., ein antifaschistischer Demonstrant des Jahres 2011, in Dresden zu 22 Monaten Haft verurteilt; ohne Bewährung, ohne Beweise. Das Urteil ist empörend und lässt den Gedanken an Willkür aufkommen - die Dresdner Staatsanwaltschaft aber will den Angeklagten noch länger einbuchten. Man geht wohl nicht fehl in der Annahme, dass kurz vor den Antinazi-Protesten 2013 ein Exempel der Härte statuiert werden soll. An einem Nazigegner.

Übrigens: An dem Tag, an dem Tim H. wegen des vermeintlichen Rufens von Losungen wie »Kommt nach vorne!« zu Haft verurteilt wurde, standen in Dresden fünf Neonazis wegen schwerer Körperperletzung, Sachbeschädigung und Bildung einer kriminellen Vereinigung vor Gericht und kamen mit Bewährungs- und Geldstrafen davon. So sehen sie aus, die sächsischen Verhältnisse.

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