nd-aktuell.de / 22.04.2016 / Brandenburg / Seite 12

»Ernährung ist nicht gleich Landwirtschaft«

Regionale Akteure organisieren gemeinsamen Rat

Wer gründet den Ernährungsrat, und was soll der dann tun?

Das ist ein breites Bündnis aus regionalen Akteuren aus dem Bereich Ernährung: Erzeuger aus dem Umland, Stadtgärtner, Lebensmittelhändler, Gastronomie, Wissenschaftler, Vertreter von Verbänden und Vereinen, Bildungseinrichtungen. Auch Verbraucher gehören dazu. Ziel ist, den zukunftsfähigen Wandel des Systems voranzutreiben. Der Ernährungsrat soll als Plattform dienen, wo gemeinsame Ziele, Strategien und Aktionen entwickelt werden.

Warum ist so etwas notwendig?

Weil es bisher auf kommunaler Ebene kaum eine Beschäftigung mit dem Thema Ernährung gibt. Es herrscht im Grunde die Annahme vor: Ernährung gleich Landwirtschaft. Die Verantwortung für Landwirtschaft wurde aber von Berlin per Staatsvertrag an Brandenburg ausgelagert. Es gibt zwar in mehreren Senatsverwaltungen Verantwortlichkeiten im Bereich Ernährung, aber niemanden, der für das Thema als Ganzes zuständig ist. Das muss ganzheitlich angegangen werden.

Wieso ganzheitlich?

Unser Ernährungssystem schadet weltweit Menschen, Tieren und der Umwelt. Es führt zu Ausbeutung und der Verletzung von Menschenrechten. Auch in der Region können Erzeuger kaum existenzsichernde Einkommen erzielen. In Berlin gibt es eine hohe Nachfrage nach regionalen und ökologischen Produkten, Brandenburg ist aber industriell geprägt. Da ist auch viel für den Export vorgesehen. Kleine Erzeuger, die für die Region produzieren wollen, können nur schwer Fuß fassen, auch weil die Bodenpreise so hoch sind.

Wie kam es zu Ernährungsräten?

Als Erster gilt der von Knoxville, USA, der 1982 eingerichtet wurde, weil es dort engagierte Menschen gab, die ihr lokales Ernährungssystem ungerecht fanden. In ganzen Stadtteilen fehlten Einkaufsmöglichkeiten und gesundes Essen. Die heute über 100 Ernährungsräte in den USA, Kanada und Großbritannien haben sehr unterschiedliche, lokale Schwerpunkte. Das zeigt, dass der große politische Rahmen lokalen oder regionalen Problemen nicht gerecht wird.