nd-aktuell.de / 09.12.2016 / Kommentare / Seite 4

Zwischen allen Stühlen

Personalie: Jürgen Todenhöfer, ab Januar Herausgeber des »Freitag«

Christian Baron

Prinzipiell ist es nie ein schlechtes Zeichen, wenn eine öffentliche Person unter Linken umstritten ist. Zeigt es doch, dass sie sich politisch nicht klar einordnen lässt und den unbequemen Platz zwischen allen Stühlen dem kuscheligen Bekenntnissofa vorzieht. Jürgen Todenhöfer ist so jemand. Wer in den sozialen Netzwerken unterwegs ist, darf das seit Mittwoch wieder bewundern. Da wurde bekannt, dass Todenhöfer ab Januar der im Eigentum von Jakob Augstein befindlichen Wochenzeitung »Der Freitag« als Herausgeber dienen wird. Einige unter den bisher nicht als besonders islamkritisch aufgefallenen Marxisten wandten sich ab, derweil mancher Antideutsche online den erwartbaren Hohn seiner Gesinnungsgenossencrowd relativierte.

Die Klugen unter den Zweiteren erklärten, es sei nicht neu, dass sich Augstein und Todenhöfer politisch einig zeigen. Zumal der Millionenerbe des »Spiegel«-Gründers Rudolf Augstein am Ex-Vorstand des Burda-Medienkonzerns gerade dessen journalistisches Profil schätze. »Ausgewogen« nennen dies die einen, »verlogen« die anderen. Der unfairste Kommentar stammt von dem Journalisten Deniz Yücel: »Diese sympathische, kleine, linke Wochenzeitung ist keine sympathische, kleine, linke Wochenzeitung, sondern ein Gutsherrenhof zu Steuerabschreibungszwecken.«

Ob man Todenhöfer nun wegen seines Buches »Inside IS« als Islamistenversteher denunzieren oder ihn aufgrund seines Interviews mit Baschar al-Assad als Tyrannenfreund beschimpfen zu müssen meint: Er bringt dem inhaltlich bisweilen allzu gefälligen »Freitag« mehr Haltung. Denn im Gegensatz zu manch anderer unter den deutschen Wochenzeitungen - besonders der »Jungle World«, bei der Deniz Yücel einst als Redakteur arbeitete und die er sicher »links« und »sympathisch« nennen würde - zeichnet sich CDU-Mitglied Todenhöfer neben seiner unsympathischen Eitelkeit durch eine sympathische Friedensperspektive aus, mit der er nicht in erster Linie nach Zustimmung im eigenen politischen Lager lechzt.