nd-aktuell.de / 13.12.2016 / Politik / Seite 4

Ein feiner Herr

Demnächst wieder Lehrer in Berlin: Wolfgang Brauer.

Christin Odoj

Wolfgang Brauer hat genug. Seit 1999 saß der 62-Jährige für die PDS/Linkspartei im Berliner Abgeordnetenhaus und war 14 Jahre lang deren kulturpolitischer Sprecher. Nun hat er sein Mandat bei der letzten Berlin-Wahl an den AfD-Kandidaten Gunnar Lindemann verloren und damit auch seinen Sitz im Parlament. Und weil das allein nicht deprimierend genug erschien, verließ Brauer auch gleich noch die Linkspartei und das schon am 1. November. Wie er sagt, weil ihm die immer geringer werdende Unterstützung in der Partei zu schaffen machte. Mit seinen kulturpolitischen Themen sei er immer wieder - und zuletzt in der Wahlkampfvorbereitung - gegen eine innerparteiliche Wand gerannt. Dass die LINKE nun genau diesen Posten auf Senatsebene für sich beansprucht, ein unauflöslicher Widerspruch.

Wolfgang Brauer ist der Autorin seit ihrem 17. Lebensjahr in Erinnerung. Auf einer Diskussionsveranstaltung zur Abgeordnetenhauswahl 2001 in einem Köpenicker Gymnasium war der stets adrett mit einer Fliege gekleidete Brauer der einzige, der Eindruck hinterließ. Meinungsstark und belesen, wie er da auftrat, waren sich alle sicher, später mal die PDS wählen zu wollen.

Brauer, 1954 in Aschersleben geboren, war Anfang der 1990er Jahre Bezirksvorsitzender der PDS in Marzahn. Ein Wahlkreis, den er im September, nachdem er dort vier Mal hintereinander direkt gewählt wurde, abgeben musste. Einen aussichtsreichen Listenplatz hatte man ihm verwehrt. Dann beanspruchte Klaus Lederer den neu geschaffenen Kultursenatorenposten für sich. Lederer, der laut Brauers Aussage immer genau in den Theateraufführungen gewesen sein müsse, in denen Theaterkenner Brauer nicht war. Einige hatten bei der Personalie zuerst an Brauer gedacht, zuletzt Vorsitzender des parlamentarischen Untersuchungsausschusses zum Bauskandal rund um die Berliner Staatsoper. Nun also wird der Studienrat (seit 1996 beurlaubt) in seinen alten Beruf als Lehrer zurückkehren. Er sagt, er werde sich zunächst seiner jahrelang vernachlässigten Handschrift widmen.