nd-aktuell.de / 26.04.2017 / Politik / Seite 4

Lecker Plastik

Personalie

Steffen Schmidt

Motten haben einen miesen Ruf. Kein Wunder, sind einige eher unscheinbare Mottenarten doch gewissermaßen Konkurrenten des Menschen. Sprechende Namen wie Mehlmotte oder Kleidermotte sagen ja schon alles. Weniger bekannt, aber bisher genauso unbeliebt war die Große Wachsmotte (Galleria mellonella). Den Grund für deren mäßige Beliebtheit kann man mühelos aus dem Namen ablesen: Ihre Larven fressen den Bienen (und damit auch den Imkern) das Wachs der Waben weg.

Nun sieht alles nach einer neuen Karriere der Tierchen in Umweltreinigungsbrigaden aus. Denn wie Biologen zufällig herausfanden, fressen die Larven der Motte das Material der allgegenwärtigen Plastiktüten - Polyethylen - schneller auf als irgendein anderer bekannter Organismus. Eine der Wissenschaftlerinnen, die Hobbyimkerin Federica Bertocchini von der Universidad de Cantabria in Santander (Spanien), hatte Wachsmottenlarven mit Wachs in Polyethylentüten gesteckt, in die die Larven Löcher fraßen. Das gleiche Ergebnis in einem kontrollierten Versuch mit Tüten aus dem Supermarkt: Binnen 40 Minuten zeigten sich die ersten Löcher, zwölf Stunden später hatten die Mottenlarven 92 Milligramm von der Plastiktüte gefressen.

Damit könnten die Motten - bzw. die Mikroben im Darm der Insekten - einen Teil unseres selbstverschuldeten Plastikmüllproblems lösen. Doch was wenn sie sich später auch durch heimische Vorratsdosen fressen?

Aber auch da gibt es Hoffnung. Womöglich braucht man gar nicht Massen von Wachsmotten auf Müllhalden aussetzen, wo sie sich womöglich noch ganz vom Wachs abwenden. Wie die Biologen herausfanden, zersetzten die Larven auch im zerquetschten Zustand noch den Kunststoff. Man muss also nur noch herausbekommen, welche Enzyme aus dem Verdauungstrakt der Motten den Kunststoff zersetzen. Diese Enzyme ließen sich dann sicher auch ohne Motten gegen den Plastikmüll einsetzen. Und die Wachsmotten sind dann wieder, was sie waren: ein Ärgernis für Bienen.