nd-aktuell.de / 17.05.2017 / Berlin

Berliner LKA soll Akten im Fall Amri manipuliert haben

Gegen den Attentäter lagen Erkentnisse zu bandenmäßigem Drogenhandel vor

Martin Kröger

Berlin. Das Attentat auf den Weihnachtsmarkt am Berliner Breitscheidplatz am 19. Dezember 2016 mit zwölf Toten hätte wohl verhindert werden können. Gegen den Attentäter Anis Amri lagen dem Berliner Landeskriminalamt im November 2016 Erkenntnisse aus Telefonüberwachungen wegen gewerblichen und bandenmäßigen Betäubungsmittelhandels vor, die wohl für einen Haftbefehl gegen den tunesischen Islamisten ausgereicht hätten. Das erklärte am späten Mittwochnachmittag Berlins Innensenator Andreas Geisel (SPD) bei einer kurzfristig anberaumten Pressekonferenz. Bisher war bestritten worden, dass es polizeiliche Erkenntnisse gab, die zu einer Verhaftung im Vorfeld des Attentats hätten führen können.

Die neuen Informationen zum sogenannten Fall Amri hat der vom Berliner Senat im März eingesetzte Sonderermittler Bruno Jost ermittelt, der sich vor kurzem Akten vom Landeskriminalamt kommen ließ. Besonders pikant: Im Zusammenhang mit den neuen Erkenntnissen wird nicht ausgeschlossen, dass die Amri belastenden Informationen von Mitarbeitern des Berliner Landeskriminalamtes zurückgehalten wurden. Außerdem gibt es den Verdacht, dass möglicherweise Informationen zum bandenmäßigen Drogenhandel von Anis Amri relativiert worden sind und ein Dokument auch rückdatiert worden sein könnte.

Aufgrund des brisanten Verdachts hat Berlins Innensenator Strafanzeige gegen Mitarbeiter des Landeskriminalamtes wegen Strafvereitelung im Amt gestellt. »Sollte im LKA etwas verschleiert worden sein, dann werden wir Konsequenzen ziehen«, erklärte Geisel. Sowohl Berlins Polizeipräsident Klaus Kandt als auch der Leiter der Kripo, Christian Steiof, seien über die Vorwürfe in Kenntnis gesetzt worden. »Beide sind betroffen«, sagte Geisel. Auch dem Innensenator selbst waren die Erkenntnisse zu Widersprüchen in den Akten am Dienstagabend vom Sonderermittler mitgeteilt worden, hieß es.

Die oppositionelle AfD forderte nach dem Bekanntwerden der neuen Informationen erneut einen Untersuchungsausschuss im Abgeordnetenhaus zum Anschlag auf den Breitscheidplatz. Der Innenexperte der Linksfraktion, Hakan Taş, erklärte dagegen dem »nd«, dass es richtig gewesen sei, einen Sonderermittler einzusetzen.