nd-aktuell.de / 22.07.2017 / Kultur / Seite 16

Schweinerei und Hoffnung

Die Kunsthistorikerin Bénédicte Savoy, bis vor Kurzem Mitglied im Beirat des Humboldt-Forums, hat scharfe Kritik an dem Projekt geübt. Das Humboldt-Forum und die Stiftung Preußischer Kulturbesitz sollten die Geschichte ihrer Sammlungen offenlegen. »Provenienzforschung müsste das Ding sein«, sagte Savoy der »Süddeutschen Zeitung« (Freitag). Ohne eine Auseinandersetzung mit dem Ursprung der außereuropäischen Kulturzeugnisse dürfe heute kein ethnologisches Museum öffnen.

Sie sei aus Frust über den Umgang mit dem Beirat aus dem Gremium ausgetreten. Der Beirat sei seit 2015 nur zweimal zusammengetreten. Savoy, die an der Technischen Universität Berlin und am Collège de France lehrt, sprach von einem unlösbaren Widerspruch. »Die Architektur signalisiert, dass man Geschichte rückgängig machen kann. Doch den Leuten, die um Rückgabe gestohlener Objekte bitten, erklärt man, Geschichte lasse sich nicht rückgängig machen«, sagte Savoy.

»Ich bin froh über jede Idee, alles was die Intelligenz anspricht und nicht nur dazu da ist, die Massen reinzubringen und mit Restaurants und Shops Kasse zu machen«, sagte die Historikerin. »Dafür ist das Humboldt-Forum zu schade«. Dazu gehörten 300 Jahre Sammeltätigkeit »mit all den Schweinereien und Hoffnungen, die damit verbunden sind. Das sind wir, das ist Europa.« Man könnte sich unendlich viel vorstellen, »wenn das Ganze nicht unter dieser Bleidecke begraben wäre wie Atommüll, damit bloß keine Strahlung nach außen dringt. Das Humboldt-Forum ist wie Tschernobyl«, sagte Savoy. »Wenn man Objekte nur ausstellt und nicht mehr intellektuell an ihnen arbeitet, sind sie tot«, sagte Savoy. Die Politik habe sich für den Schloss-Wiederaufbau entschieden, drücke sich aber vor einer kritischen Auseinandersetzung damit. Jetzt versuchten Kulturstaatsministerin Monika Grütters (CDU) und Gründungsintendant Neil MacGregor, »zu retten, was noch zu retten ist«, so Savoy. dpa