nd-aktuell.de / 17.02.2018 / Wirtschaft und Umwelt / Seite 16

Von 0 auf 94 in fünf Jahren

Das Fernbusunternehmen Flixbus hat nahezu die gesamte Konkurrenz ausgeschaltet

München. Sie sind nicht zu übersehen, weder in den deutschen Innenstädten noch auf der Autobahn: die grünen Busse von Flixbus, Sieger eines harten Konkurrenzkampfes in einem aufstrebenden Markt. Was mit vier Linien in Süddeutschland begann, ist heute ein Europa überspannendes Netzwerk mit mehr als 1400 Zielen in 26 Ländern. Dieser Tage wurde Flixbus fünf Jahre alt.

Wer heute über Fernbusse spricht, der spricht über Flixbus. Kontrolliert das von drei Freunden in München gegründete Unternehmen laut einer Analyse des Iges Instituts doch mittlerweile 94 Prozent des Marktes. Vergangenes Jahr schrieb es nach Angaben des Gründers und Geschäftsführers André Schwämmlein das erste Mal schwarze Zahlen. Doch bis dahin war es ein Kampf um alles oder nichts, wie sich Schwämmlein im AFP-Interview erinnert.

Startschuss war der Jahresbeginn 2013, als der Fernverkehr liberalisiert wurde. «Wir waren schneller im Markt als die Konkurrenz und haben auch sehr früh auf ein deutschlandweites Netz gesetzt», sagt Schwämmlein. Das war der Vorteil des damals noch unter blauer Farbe operierenden Unternehmens gegenüber Mitbewerbern.

Was folgte, war ein mörderischer Preiskampf, der viel Kapital verbrannte - sehr zur Freude vieler Kunden. Die konnten in der Anfangszeit nämlich noch für einen Euro beispielsweise von München nach Köln fahren. Wichtigste Zielgruppe waren damals Studenten, die zwar ein großes Reisebedürfnis und Zeit, aber nicht viel Geld hatten.

Das Farbspektrum der Busse wurde in den Folgejahren immer enger. Die weißblauen Busse der Konkurrenzunternehmen city2city und BerlinLinienBus rollen nicht mehr, die blauen Megabusse und die gelben Postbusse übernahm Flixbus - ebenso die grünen Busse von MeinFernbus, deren Farben nun alle Flixbusse tragen.

Wobei davon nur ein einziger Bus auch wirklich Flixbus gehört - aus Lizenzgründen. Der Rest der großen Flotte gehört den rund 300 mittelständischen Firmen, mit denen das Unternehmen Flixbus kooperiert. Sie beschäftigen derzeit rund 7000 Fahrer, schätzt Schwämmlein. In der Vergangenheit gab es immer wieder Kritik an den Arbeitsbedingungen der Flixbus-Fahrer sowie an ihrer Entlohnung. Die Erfolge des Unternehmens seien auf Kosten der Beschäftigten erreicht worden.

Flixbus sieht sich mehr als ein Technologiekonzern und Reisevermittler denn als ein traditionelles Busunternehmen. Die Münchner betreiben mit rund 1000 Mitarbeitern das Buchungssystem, die Smartphone-App und organisieren die Linien.

Insgesamt 100 Millionen Gäste haben mittlerweile eine Fahrt bei Flixbus gebucht, erzählt Schwämmlein stolz. Vorwürfe, seine Firma sei mittlerweile ein Monopolist, lässt der 37-Jährige nicht gelten, denn: «Der Fernbus konkurriert mit Auto, Bahn und Flugzeug». Und in diesem Wettbewerb der Verkehrsmittel hinke der Fernbus er noch nach «Bislang denken nicht alle Menschen beim Reisen an den Fernbus als Alternative.» Das wolle er ändern. Die günstigen Preise will Schwämmlein so lange wie möglich erhalten. Stattdessen sollen die Busse voller werden. Helfen sollen dabei auch kostenlose Filme, über deren Einführung Schwämmlein dieses Jahr entscheiden will.

Auch könne er sich vorstellen, für neue Dienstleistungen Geld zu verlangen, wie etwa bei der gerade auf einigen Strecken getesteten Sitzplatzreservierung. Wachsen will Flixbus außerdem, indem es in die USA expandiert. 50 der grünen Busse sollen demnächst die Westküste entlang kurven. Und schließlich verhandelt Flixbus derzeit mit Fluggesellschaften über gemeinsame Tickets: Mit dem Fernbus zum Flughafen und ab da mit dem Flieger in die Welt.

Neben diesen Plänen sollen die bestehenden Unternehmungen weitergeführt werden. So betreibt die Firma einen Zug zwischen Stuttgart und Berlin. Und das europäische Busliniennetz will Flixbus verdichten. Das habe auch positiven Einfluss auf die Gesellschaft - denn so könnten Menschen andere Länder bereisen, die sich das vorher nicht hätten leisten können«, meint Schwämmlein. »So leisten wir unseren Teil, dass Europa weiter zusammenwächst.« AFP/nd