nd-aktuell.de / 22.03.2018 / Politik / Seite 7

Bitteres Neujahr für Afrin-Flüchtlinge

Syriens Regierungstruppen rücken in Ost-Ghuta weiter vor

Damaskus. Sie begehen das kurdische Neujahrsfest - aber Ruhan und viele andere kurdische Flüchtlinge aus Afrin sind von Trauer und Bitterkeit erfüllt. »Newroz hat keinen Sinn, wenn wir nicht in Afrin sind«, sagt der 38-Jährige, der wie Tausende andere Kurden nach der Eroberung der nordsyrischen Stadt durch die türkische Armee am Wochenende Zuflucht in Sijara gefunden hat, einige Dutzend Kilometer südöstlich. »Afrin war unser Paradies. Ich werde den Moment nicht vergessen, da ich mich beim Verlassen der Stadt umgedreht und ein letztes Mal auf die Stadt geschaut habe. Ich fühlte mich wie ohnmächtig«, sagt Ruhan. Zu Newroz, dem persischen Neujahrstag, der traditionell von den Kurden mit Feuern und Musik begangen wird, ist ihm nicht nach Feiern zumute.

Viele der Flüchtlinge blicken voller Bangen in die Zukunft. »Wir hätten niemals gedacht, mit dem Exil konfrontiert zu werden«, sagt Randa Omar in Sijara, wo die Flüchtlinge zu Dutzenden in Moscheen, Schulen und Bauruinen untergekommen sind. »Sie haben uns gezwungen, unser Paradies zu verlassen und in der Hölle der Ungewissheit zu leben.« Fast alle Einwohner der Stadt Afrin sind geflohen, bevor die türkische Armee mit verbündeten syrischen Rebellen am Sonntag einrückte. Zuvor waren die Kämpfer der kurdischen Volksverteidigungseinheiten (YPG) weitgehend kampflos abgezogen, um einen verlustreichen und zerstörerischen Häuserkampf wie in Aleppo oder Raka zu vermeiden. Rund 250 000 Menschen haben nun in angrenzenden Gebieten unter Kontrolle der YPG-Miliz und der syrischen Regierung Zuflucht gefunden. Viele fürchten, nie mehr in ihre Heimat zurückkehren zu können, da Ankara angekündigt hat, in Afrin einen Teil der drei Millionen syrischen Flüchtlinge anzusiedeln, die seit Beginn des Bürgerkriegs in die Türkei geflohen sind.

Derweil rücken Syriens Regierungstruppen im Rebellengebiet Ost-Ghuta nahe der Hauptstadt Damaskus immer weiter vor. Armee und Verbündete hätten seit Beginn ihrer Offensive im vergangenen Monat mehr als 80 Prozent der Region unter Kontrolle gebracht, so die Beobachtungsstelle für Menschenrechte wie regierungstreue syrische Medien. Am Mittwoch sollen bei einem Luftangriff nahe einer Schule in der Provinz Idlib 20 Menschen getötet worden sein, darunter 16 Kinder. Der Einschlag einer von Rebellen abgefeuerten Rakete auf einer Einkaufsstraße in Damaskus habe laut Staatsmedien 35 Todesopfer gefordert. Agenturen/nd