nd-aktuell.de / 12.06.2018 / Politik / Seite 1

Häfen dicht

Tagelang wiesen Italien und Malta ein Rettungsschiff mit Hunderten Flüchtlingen ab. Nun nimmt Spanien sie auf

Rom. Im Tauziehen um die Aufnahme von 629 Flüchtlingen von einem Schiff im Mittelmeer hat sich Spanien am Montagnachmittag bereit erklärt, die Menschen ins Land zu lassen. »Es ist unsere Pflicht, dabei zu helfen, eine humanitäre Katastrophe zu verhindern«, begründete Spaniens Regierungschef Pedro Sánchez die Entscheidung. Den Flüchtlingen auf dem Schiff »Aquarius« solle ein »sicherer Hafen« angeboten werden, teilte die Regierung mit. Regierungschef Sánchez habe den Hafen der Stadt Valencia im Osten des Landes für die Aufnahme der Menschen bestimmt. Die Fahrt nach Valencia kann laut der Organisation SOS Mediterranée, die das Schiff betreibt, zwei bis drei Tage dauern. Eine entsprechende Anweisung durch die Seenot-Rettungsleitstelle in Rom, die den Einsatz koordiniert, stehe aber noch aus.

Italien und Malta stritten seit Samstag über die Aufnahme der Flüchtlinge an Bord des Schiffes, beide Länder sahen jeweils die andere Seite in der Verantwortung. Die »Aquarius« harrte seitdem auf dem Wasser aus. Das UN-Flüchtlingshilfswerk UNHCR hatte Rom und La Valletta am Montag aus humanitären Gründen dringend zur Aufnahme der Geflüchteten aufgefordert. Ihnen gingen die Vorräte aus. Das Hilfswerk sprach von einem »dringenden humanitären Gebot«.

Der italienische Innenminister und stellvertretende Ministerpräsident Matteo Salvini von der rechtsradikalen Lega hatte am Sonntagabend angekündigt, keine Flüchtlingsschiffe mehr in die Häfen seines Landes zu lassen. Amnesty International erklärte, Italien und Malta hätten ihre Verpflichtungen nach internationalem Recht missachtet. Je länger ein Schiff darauf warten müsse, anlegen zu können, desto weniger Schiffe könnten weitere Flüchtlinge retten. Die Organisationen, die Rettungsschiffe betreiben, äußerten zum Teil Verständnis für die Forderung Italiens. »Wegen der Dublin-Regelungen sind die anderen EU-Staaten mitverantwortlich«, sagte Ruben Neugebauer von Sea-Watch. »Wenn aber Salvini an der Lage etwas ändern möchte, sollte er sich Lösungen überlegen und das Problem nicht einfach auf die abwälzen, die am wenigsten dafür können.« nd/Agenturen