nd-aktuell.de / 30.09.2020 / Kommentare / Seite 10

Europäer für Rumänien

Dominic Samuel Fritz wird Bürgermeister in Timisoara

Silviu Mihai

Ein junger Schwarzwälder wird Bürgermeister der drittgrößten Stadt Rumäniens - die Wählerschaft Timisoaras traut Dominic Samuel Fritz zu, die Entwicklung der Stadt voranzutreiben. Die Stadt definiert sich selbst gerne als multikulturell, liberal und tolerant, und so überrascht der Wahlsieg von Fritz, der schon 2003 als Caritas-Freiwilliger nach Timisoara kam und sehr gut Rumänisch spricht, nicht.

Mit »atypischen« Kandidaten kennt Rumänien sich aus: 2014 und 2019 wurde mit Klaus Johannis ein Siebenbürger Sachse zum Staatspräsidenten gekürt. Interessant ist, dass diese Kandidaten kaum versuchen, ihre Besonderheiten herunterzuspielen und sich als möglichst integriert zu präsentieren. Ähnlich wie bei Johannis wurde auch im Wahlkampf von Fritz die deutsche Identität intensiv thematisiert. Beide gewannen eher weil, und nicht so sehr trotz der Tatsache, dass sie »anders« sind. Die plausibelste Erklärung dafür ist, dass dem rumänischen Publikum das lokale Establishment nicht mehr als vertrauenswürdig gilt. Tatsächlich brachten diese Kommunalwahlen insgesamt eine Niederlage für die etablierten Volksparteien - die größte Siegerin war die Union »Rettet Rumänien« (USR), ein relativ neues, fortschrittlich-liberales und ausgeprägt pro-europäisches Projekt, dem sowohl der 37-jährige Fritz, als auch der neu gewählte Oberbürgermeister von Bukarest, Nicusor Dan, angehören.

Fritz, der früher bei den Grünen in Frankfurt am Main aktiv war, und nach seinem Politikstudium als Büroleiter des ehemaligen Bundespräsidenten Horst Köhler arbeitete, verspricht, aus Timisoara eine effizientere, besser vernetzte europäische Stadt zu machen. Sein Programm nennt er »Revolution des guten Regierens«, Schwerpunkte sollen Transparenz, Digitalisierung, Fahrradwege, behinderungsgerechte Zugänge, Kultur und die Pflege des Architekturerbes sein.