nd-aktuell.de / 31.07.2021 / nd-Commune / Seite 35

»Die Bücherberge rufen nach mir«

Irmtraud Gutschke über ihren neuen Literatur-Podcast

Interview: Ulrike Kumpe
Möchte unterhalten und zum Lesen anregen: Irmtraud Gutschke
Möchte unterhalten und zum Lesen anregen: Irmtraud Gutschke

Im August startet dein neues Projekt, der Literatur-Podcast »Bücherberge« Wie bist du auf die Idee gekommen, dieses Format auszuprobieren?

Die Idee kam von meiner Tochter. Sie hat sich die nd-Webseite angeschaut, fand sie gut, übersichtlich, informativ und registrierte auch die Podcasts. »Das kannst du doch auch mal versuchen«, meinte sie. »Du hast doch schon so viel gelesen und rezensiert.« Na ja, ein Podcast ist ein eigenes Genre, da kann man nicht einfach eine Rezension vortragen. Aber mit Blick auf die Bücherberge, von denen ich umgeben bin, fand ich den Gedanken reizvoll.

47 Jahre lang war ich Literaturredakteurin bei dieser Zeitung. Ich war über die Neuerscheinungen auf dem deutschen Buchmarkt informiert, und das bleibt auch so, seit ich freiberuflich bin. Nach wie vor werde ich von Verlagen mit interessanten Büchern versorgt, schreibe Rezensionen und hin und wieder einen politischen Essay. Aber warum nicht mal etwas Neues probieren?

Was fasziniert dich an diesem Format?

Das Mündliche. Es macht mir ja große Freude, bei Literaturveranstaltungen aufzutreten und zum Beispiel von Eva Strittmatter und Hermann Kant zu erzählen, mit denen ich Bücher gemacht habe. Mit Gisela Steineckert auch, von ihr habe ich viel gelernt. Ein Lieblingsthema von früher Jugend an ist Tschingis Aitmatow, über den ich nicht nur meine Dissertation, sondern auch zwei Bücher verfasst habe. In seiner kirgisischen Heimat war die mündliche Literaturtradition noch lebendig, als hier schon längst das gedruckte Buch dominierte.

Mit meinem Podcast möchte ich natürlich zum Lesen animieren, und es würde mich freuen, wenn der eine oder andere von mir empfohlene Band vielleicht im nd-Shop erworben wird, aber das ist nur ein Nebeneffekt. Vor allem möchte ich Zuhörerinnen und Zuhörer etwa eine Viertelstunde lang gut unterhalten, ihnen auch Nachdenkenswertes mit auf den Weg geben, in Gedanken sozusagen mit ihnen im Gespräch sein.

Wie unterscheidet sich der Podcast »Bücherberge« von deiner Veranstaltungsreihe »Literatursalon«?

Das ist etwas ganz anderes. Beim »Literatursalon« habe ich Autorinnen und Autoren zu Gast. Wir führen ein Podiumsgespräch. Wir diskutieren und beziehen auch das Publikum ein, wenn wir die Veranstaltung öffentlich machen können. Es ist ein Debattenformat, das zu brisanten politischen Themen besonders gut funktioniert. Ob sich solche Bücher auch für den Podcast eignen, bleibt auszuprobieren.

Was konkret erwartet deine Zuhörerinnen und Zuhörer?

Alle zwei Wochen soll es ein neuer Podcast sein, die früheren bleiben ja auch noch verfügbar. Ich werde erst einmal mit Romanen beginnen, die mich besonders beeindruckt haben. Aber von meinen »Bücherbergen« werden auch politische Sachbücher nach mir »rufen«, vielleicht sogar solche aus meinem Regal, die mir unverzichtbar geworden sind. Lust habe ich auch, mal über Kinderbücher zu sprechen, darüber, was sie uns Erwachsenen sagen.

Du hast bereits Probeaufnahmen gemacht. Was ist für dich anders als beim Artikelschreiben?

An einem Artikel kann man lange arbeiten. Selbst wenn es gelingt, einen Text sozusagen in einem Zuge zu schreiben, gebe ich ihn nicht aus der Hand, bevor ich ganz damit zufrieden bin. Das heißt, ich suche die beste Formulierung, komme dabei vielleicht sogar auf inhaltliche Zusammenhänge, die mir zunächst nicht bewusst waren. Das betreffende Buch erschließt sich immer weiter in seine Tiefen hinein, was eine Mühe, aber auch eine sehr schöne Erfahrung ist.

Bei einem Podcast könnte man zwar auch Pausen machen, um sich zu sammeln, aber besser ist es, im Fluss des Sprechens zu bleiben. Man muss alles im Kopf haben, konzentriert und zugleich locker sein. Ich rede mit euch über ein Buch, das ich gern gelesen habe. Es ist etwas Persönliches, Zwischenmenschliches, in dem auch eine gewisse Spontaneität mitschwingen soll. Ich freue mich darauf, das zu üben.