nd-aktuell.de / 10.01.2022 / Kommentare / Seite 8

Das Klimasymboldorf

Deutschlands Glaubwürdigkeit entscheidet sich in Lützerath, denkt Sebastian Weiermann

Sebastian Weiermann

Es gibt 263.500 landwirtschaftliche Betriebe in Deutschland. Es gibt zahllose Dörfer. Lützerath[1] ist kein besonders schönes. Eine kleine Ansammlung von Bauernhäusern auf dem platten rheinischen Land. Keine beeindruckende Kirche, kein mittelalterlicher Dorfkern. Wenn Lützerath verschwinden würde, wäre das – außer für die Handvoll Einwohner –, kein besonderes Ereignis. Orte kommen, Orte verschwinden. So ist das eben.

Doch bei Lützerath ist es anders. Das Dorf ist von der Klimabewegung[2] zum Symbol für die deutsche Klimapolitik ausgerufen worden, und sie hat damit Recht. Wenn Lützerath abgebaggert wird, dann ist das eine Absage an das Erreichen der 1,5-Grad-Grenze. Dann heißt das für RWE weiter Kohle verbrennen. Das darf nicht passieren. Und damit das nicht passiert, braucht es politischen Willen. Olaf Scholz wollte »Kanzler für Klimaschutz« werden, die Grünen wurden für den Klimaschutz gewählt. Beide regieren und haben in der Hand, ob Lützerath bleiben kann. Verstecken sie sich weiter hinter Gerichten, dann verspielen sie das bisschen Glaubwürdigkeit der deutschen Klimapolitik. Zwölf grüne Bundestagsabgeordnete haben sich jetzt hinter das Dorf gestellt. Ein Anfang, mehr aber auch nicht.

Links:

  1. https://www.nd-aktuell.de/artikel/1160248.klimapolitik-luetzerath-ein-dorf-als-grad-grenze.html
  2. https://www.nd-aktuell.de/artikel/1158222.klimakrise-rwe-stoesst-auf-widerstand.html