nd-aktuell.de / 11.07.2022 / Kommentare / Seite 1

Zu wenig, zu langsam

Berlin muss beim Ausbau der Radwege mehr Tempo machen, findet Rainer Rutz

Rainer Rutz

Es ist ja nicht so, dass sich in Berlin überhaupt nichts bewegt in Sachen Ausbau der Radwege. Erst vor Kurzem sind in Friedrichshain-Kreuzberg etwa die letzten Arbeiten auf dem einstigen Fahrradfahrer-Horrorabschnitt zwischen U-Bahnhof Schlesisches Tor und der Großkreuzung hinter der Oberbaumbrücke abgeschlossen worden. Allerdings ist hier nach 400 Metern Radkomfort dann aber auch schon wieder Schluss mit lustig. Nicht zuletzt die Tour weiter bis zum S- und U-Bahnhof Warschauer Straße wird angesichts der Massen an Radlern und Fußgängern, die sich an der Stelle den viel zu engen Weg irgendwie teilen sollen, gern zur Hölle – wohlgemerkt für beide Seiten.

Nur ein Beispiel von vielen aus der Hauptstadt, das zeigt, dass beim vollmundig versprochenen Ausbau der Radwegeinfrastruktur extrem viel Luft nach oben ist. Dabei ist Friedrichshain-Kreuzberg sogar noch vorbildlicher Spitzenreiter.[1] Insgesamt gibt es aber nach wie vor zu wenig komfortabel breit ausgebaute Radwege. Und die, die es gibt, haben häufig viel zu viele Planungsjahre in Anspruch genommen.

Natürlich ist für das lahmende Gesamtprojekt nicht allein die Senatsmobilitätsverwaltung verantwortlich. Auch in zahlreichen Bezirken hakt es. So ist insbesondere bei Lichtenbergs CDU-Verkehrsstadtrat Martin Schaefer bislang kaum zu erkennen, dass er dem Radwegeausbau irgendeine Priorität beimessen würde. Das Problem ist und bleibt das berlintypische Wirrwarr aus Landes- und Bezirkszuständigkeiten, das sich wie in so vielen Bereichen als verlässlicher Bremsklotz erweist.

Will Berlin tatsächlich beim Radewegeausbau spürbar vorankommen, dann muss Rot-Grün-Rot endlich auch genau hier ansetzen. Und nicht nur das: Es braucht neben mehr Durchsetzungswillen auch mehr Planer in den Verwaltungen und also auch weitaus mehr Geld als die 60 Millionen Euro, die im Doppelhaushalt 2022/2023 für sämtliche Radverkehrsmaßnahmen der Stadt eingestellt sind. Man glaubt Mobilitätssenatorin Bettina Jarasch (Grüne), dass es ihr ernst ist mit der Verkehrswende, auch mit Blick auf den Radverkehr.[2] Aber Berlin muss hier mehr Tempo machen. Dringend.

Links:

  1. https://www.nd-aktuell.de/artikel/1160605.verkehrswende-flanieren-statt-verkehrshoelle.html
  2. https://www.nd-aktuell.de/artikel/1165213.verkehrswende-bettina-jarasch-muss-sich-etwas-anhoeren.html