Im Grunde ist die Forderung des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj nach einer Reform des UN-Sicherheitsrats nicht falsch. Manche seiner konkreten Vorschläge sind aber eher kontraproduktiv. Der Vorstoß Selenskyjs, Deutschland einen ständigen Sitz einzuräumen, mag taktisch begründet sein, bezogen auf das Gesamtgefüge der UN und die Weltpolitik im 21. Jahrhundert ergibt er jedoch wenig Sinn. Warum sollte ausgerechnet die Bundesrepublik neben Frankreich und Großbritannien als dritter europäischer Nato-Staat ein Vetorecht bekommen?
Wenn man von der Prämisse ausgeht, dass die durchaus fragwürdige Aufteilung in ständige und nichtständige Mitgliedsstaaten aufrechterhalten werden soll, ist Selenskyjs Anregung, Japan, Indien, lateinamerikanischen Staaten oder einem islamisch geprägten Land einen permanenten Sitz zu geben, sinnhafter. Immerhin haben heute große Teile der Weltbevölkerung keinen permanenten Fürsprecher im Rat. Der Wunsch, Russland im Gremium zu marginalisieren, mag hingegen aus Selenskyjs Perspektive verständlich sein, doch der Rat ist als Instrument der Konfliktlösung angelegt, nicht als moralisches Tribunal.