Bundestagsabgeordnete sind »nur ihrem Gewissen unterworfen«. So steht es in Artikel 38 des Grundgesetzes. Der Passus ist immer dann von Interesse, wenn Abgeordnete abweichend von ihrer Fraktion abstimmen oder Partei und Fraktion verlassen bzw. wechseln. So auch im Falle der Gruppe um Sahra Wagenknecht[1].
Die spezielle Tücke dieses Falles liegt darin, dass nun der Fraktionsstatus der Linken heftig wackelt. Das hat nicht nur mit der politischen Handlungsfähigkeit der Linke-Vertreter zu tun, sondern auch mit dem Schicksal der 108 Fraktionsmitarbeiter. Ist der Fraktionsstatus weg, müssen sie entlassen werden[2]. Aber niemand will schuld daran sein. Deshalb kommt nun die politakrobatische Variante ins Spiel, vorläufig die Fraktion formal zu simulieren, aber faktisch gegeneinander zu arbeiten.
Allerdings: Die Erfahrung lehrt, dass Fraktionen ihre Abtrünnigen zwar zum Mandatsverzicht auffordern, umgekehrt aber Überläufer gern aufnehmen. Das ist lässlich, solange es die politischen Verhältnisse nicht verändert. Im aktuellen Fall aber geht es um den Wert der Linksfraktion als politische Kraft. Und das wissen die Aussteiger genau.