nd-aktuell.de / 05.05.2025 / Wirtschaft und Umwelt / Seite 1

Deutschland auf Rang zehn - Vergleichsweise gerecht

Deutschland belegt im »Internationalen Gerechtigkeitsindex« Platz zehn

Sarah Yolanda Koss
Ein Relief mit der Abbildung der Justitia, der römischen Göttin der Gerechtigkeit
Ein Relief mit der Abbildung der Justitia, der römischen Göttin der Gerechtigkeit

Laut einem Forschungsteam des durch Wirtschafts- und Arbeitgeberverbände getragenen Instituts für Deutsche Wirtschaft (IW Köln), geht es in skandinavischen Ländern am gerechtesten zu. Norwegen, Schweden und Dänemark belegen die ersten drei Plätze. Deutschland liegt hinter Österreich und vor der Schweiz auf Platz zehn. Schlusslichter sind Griechenland, Rumänien und die Türkei. Das Team des IW Köln untersuchte 34 per Eigendefinition »entwickelte« Staaten.

Das IW Köln untersuchte anhand diverser Indikatoren und basierend auf Daten von OECD, der EU-Statistikbehörde Eurostat, der Weltbank und anderer Organisationen sechs verschiedene Gerechtigkeitskategorien. Bedarfsgerechtigkeit, Regelgerechtigkeit, Leistungsgerechtigkeit, Chancengerechtigkeit, Einkommensgerechtigkeit und Generationengerechtigkeit.

Generationengerechtigkeit bedeutet in dem Zusammenhang beispielsweise, dass eine Gesellschaft dann gerecht ist, wenn jede Generation die gleichen Chancen auf Wohlstand hat und Lasten gleichmäßig verteilt sind. Deutschland schneidet in dieser Kategorie sehr gut ab, weil zum Beispiel die Klimaschutzmaßnahmen des Landes fortgeschrittener seien als die anderer Staaten, so die Studie. Das deutsche Gerechtigkeitsniveau hat sich demnach in den zehn Jahren zwischen 2014 und 2024 kaum verändert und ist stabil geblieben.[1]

Einkommens- und Vermögensverteilung

Die Dimension der Einkommens- und Vermögensverteilung sei den Teilnehmenden einer zusätzlich in Deutschland durchgeführten Befragung – abgesehen von Anhänger*innen von Die Linke – am unwichtigsten. Eine große Rolle spiele dagegen Regelgerechtigkeit, also, dass für alle die gleichen Regeln gelten.

Dass eine ungleiche Vermögensverteilung für die Gerechtigkeitswahrnehmung eines Landes »gar nicht so ausschlaggebend« sei, beweise Schweden, schreiben die Studienautor*innen. »Ein hoher Lebensstandard, hohe Werte bei Gerechtigkeit, aber gleichzeitig auch die höchste Ungleichverteilung der Vermögen finden sich hier.«

Schweden ist auch Vorbild für die kapitalstockgestützte Rente, die FDP, AfD und Grüne im Wahlkampf forderten. Das schwedische Rentensystem führt in dem skandinavischen Land seit den 90er Jahren zu einer fortschreitenden Verarmung der älteren Bevölkerung. Wie die Rosa-Luxemburg-Stiftung berichtet, gelten inzwischen rund 15 Prozent der Rentner*innen – etwa 300 000 Personen – offiziell als arm.

»Es geht darum, eine gerechte Verteilung von Ressourcen, Möglichkeiten und Lasten zwischen den verschiedenen Generationen sicherzustellen«, beschreiben die Studienautor*innen des IW Köln ihre Definition von Generationengerechtigkeit. Ohnehin seien Gerechtigkeitsbegriffe subjektiv. So würden »ökonomische Laien« Wirtschaftspolitik häufig anders bewerten als Expert*innen, so die Autor*innen weiter.

Ein Beispiel dafür sei der Mindestlohn. Während viele Laien die Maßnahme begrüßten, betonten Ökonomen potenzielle negative Auswirkungen auf die Arbeitsmarktflexibilität und Wettbewerbsfähigkeit. Dass auch viele Ökonom*innen wie jene der gewerkschaftsnahen Hans Böckler-Stiftung gegenteilige Positionen vertreten, bleibt unerwähnt.

Links:

  1. https://www.nd-aktuell.de/artikel/1190904.armutsbericht-armutszeugnis-fuer-verteilung.html