nd-aktuell.de / 07.06.2008 / Sport / Seite 10

Viele Niederlagen im Hinterkopf

Diesmal will es Polen gegen das DFB-Team wissen

Julian Bartosz, Wroclaw

Das EM-Spiel Deutschland-Polen erhitzt hierzulande nicht nur die Gemüter der Fans, sondern von Millionen Polinnen und Polen überhaupt. In deren Hinterkopf steckt durchaus, dass Polen seit 1933 noch nie – nimmt man spätere Siege gegen die DDR-Auswahl aus – gegen Deutschland gewinnen konnte. Elf Mal, darunter die vier letzten Begegnungen, wurde verloren, nur vier Remis gelangen. Die Bilanz gegen die DDR sieht da besser aus: Von 20 Spielen gewann Polen zehn, vier Mal gab es ein Unentschieden, sechs mal eine Niederlage.

Doch im Bewusstsein blieb vor allem das »ewige Pech« mit der bundesdeutschen Mannschaft. Diesmal soll es anders werden, muss eine Wende her. So will man es in Polen und basta; der Boulevard kochte da – man beachte die Reaktionen auf beiden Seiten – sogar gefährlich über.

Der Fußballpatriotismus treibt auch Umfrageblüten. Laut Onet-Plattform trauen 42 Prozent Polen sogar den Europameistertitel zu, Deutschland dagegen nur ganze neun Prozent. Experten halten das zwar für »reine Spinnerei«, doch für das Treffen mit Deutschland am Sonntagabend geht auch Mannschaftskapitän Maciej Zurawski öffentlich unentwegt von einem polnischen Erfolg aus. In diesem Geiste trimmt Leo Beenhakker seine Männer seit Monaten. Wobei die Testspiele fatal ausfielen. 1:1 gegen Mazedonien, 1:0 gegen Albanien und 1:1 gegen Dänemark. Man tröstete sich im polnischen Lager damit, dass es den Deutschen mit Belarus (2:2) und Serbien (2:1) so blendend auch nicht erging. Die Deutschen können ja nicht immer besser sein, meldete sich sogar Premier Donald Tusk zu Wort, den zumindest auszeichnet, dass er ein leidenschaftlicher Amateurspieler ist.

Die linke Wochenschrift Przeglad verglich dieser Tage Umfragen zu den polnisch-deutschen Befindlichkeiten. Demnach assoziieren Polen mit Deutschen »gut zu leben, Selbstsicherheit und stabile Demokratie«. Andersrum zitiert Przeglad eine EMNID-Erhebung mit »Autodiebe, grosses Land im Osten, Schwarzarbeiter, die uns Beschäftigung wegnehmen«.

Insgesamt sieht man jedoch auf beiden Seiten gute Perspektiven für eine Verständigung und Versoehnung. Man darf also auf das Spiel in Klagenfurt und auf sein Nachspiel gespannt sein.