nd-aktuell.de / 06.03.2002 / Kultur
Keine verlorenen Songs
Verbotene Lieder der Harzer Rockband »AufBruch«
Jens Müller
Beim Thema verbotene DDR-Bands oder Musiker fallen einem spontan »Renft« ein, Wolf Biermann oder Nina Hagen. Doch auch eine Harzer Band, die zu ihrem 15-jährigen Bestehen ein neues Album auf den Mark brachte, traf im Frühsommer 1989 die Macht der Kultur-Oberen: die Gruppe »AufBruch«, die damals noch »Flexibel« hieß. Grund waren vor allem die systemkritischen Texte von Ralf Mattern, von denen der gebürtige Elbingeröder als Zugabe zur neuen CD auch einige in Buchform herausgegeben hat. Titel: »Verbotene Lieder! Verlorene Lieder? - Texte aus der DDR 1984-1989«.
Matterns Texte spiegeln eindrucksvoll die Gedanken eines jungen Ostdeutschen wider, der die Nase voll hat von Bevormundung, Spitzeleien, Eingesperrtsein und Ziellosigkeit. So entstanden feurig-wütende Plädoyers für Freiheit und Gerechtigkeit wie »Kennst Du das Land« (1987), »Wir wollen heute leben« (1986) oder das »Lied der Freiheit« (1985). Matterns gelegentliche Begegnungen mit Vertretern des Ministeriums für Staatssicherheit verarbeitete er ebenfalls in einem Song, dem »Spitzellied« (1986). Auch Umweltprobleme brüllte Mattern lauthals heraus: direkt, ungeschönt, deutsch (»Leise rieselt der Schnee«, »Vorketzin«, »Tschernobyl ist in der Nähe«).
An einst verbotene Lieder erinnert ein zum Jubiläum erschienenes Lied-Buch der Gruppe. »Das Buch zeigt die wahre Szene jenseits der "Puhdys" und "Skeptiker" und hilft enorm, dass Ralf Matterns verbotene Lieder nicht mehr verloren gehen«, schreibt der Musik-Journalist Christian Hentschel im Vorwort. Die CD zum Buch »15 Jahre AufBruch« wurde bei HZ Media (Stuttgart) produziert. Die Ostharzer Rocker haben für ihre dritte CD jeweils ein Lied pro Band-Jahr ausgewählt, darunter vier unveröffentlichte Live-Mitschnitte. Mattern hätte der Udo Lindenberg oder der Rio Reiser des Ostrocks werken können, meint Hentschel.
Verbotene Lieder! Verlorene Lieder? - Texte aus der DDR 1984-1989. Books on Demand, Norderstedt. 108S., br., 7,57 EUR.
Quelle: https://www.nd-aktuell.de/artikel/13769.keine-verlorenen-songs.html