nd-aktuell.de / 08.12.2008 / Politik / Seite 8

Gewalt gegen Frauen bleibt in Ungarn zu oft unbestraft

Selbst internationale Rügen wurden bisher missachtet

Gábor Kerényi, Budapest
Eine Kundgebung gegen die Gewalt gegen Frauen in Budapest war Auftakt einer zweiwöchigen Kette von Aktionen. Vor dem Gebäude des Obersten Gerichts wollten die Demonstranten die ungarische Öffentlichkeit aufrütteln.

Ungarn steht in Sachen innerfamiliärer Gewalt in der europäischen Statistik ganz unten. Keine Woche vergeht ohne Todesopfer, 300 000 Frauen erleben regelmäßig Gewalt seitens ihrer Ehemänner oder Lebensgefährten, tausende von 12- bis 18-jährigen Kindern werden an Männer verkauft. Letzteres stellt eigentlich ein schweres Delikt dar, bleibt aber fast immer unbestraft. Fruzsina Benko vom Verein »Frauen für Frauen – Gemeinsam gegen die Gewalt« weist darauf hin, dass innerfamiliäre Gewalt im ungarischen Recht noch immer nicht als eigenständiger Straftatbestand gilt und dass im Gegensatz zur Praxis anderer Länder die Beweispflicht immer noch beim Opfer liegt.

Der Ort der Budapester Demonstration war daher nicht zufällig gewählt. Die Aktivistinnen und Aktivisten gehen davon aus, dass die Gerichte im Kampf gegen die Gewalt gegen Frauen eine entscheidende Rolle spielen könnten, tatsächlich aber kennzeichne deren Arbeit auch im Jahre 2008 noch das unausgesprochene Prinzip des »Entschuldigens von Männergewalt«.

Wegen seiner geschlechterpolitischen Rückständigkeit ist der ungarische Staat auch international schon längst in Konflikte geraten. Am 2. Januar 2001 hatte man einer Ungarin die Eileiter einer Ungarin abgebunden, ohne dass sie über Risiken, Spätfolgen der Operation und andere Möglichkeiten der Empfängnisverhütung aufgeklärt worden war. Die Frau war im Zusammenhang mit einer Fehlgeburt noch auf dem Operationstisch aufgefordert worden, eine entsprechende Einverständniserklärung zu unterzeichnen. Der UN-Ausschuss für die Beseitigung der Diskriminierung der Frau (CEDAW) stellte danach fest, dass der ungarische Staat für diesen Fall von unerlaubter Sterilisation international