Wachsam gegenüber unkritischen Rückblicken auf die eigene Geschichte stellt er Fragen und öffnet er Sichten auf die ausstehende »Bewältigung« alt-bundesrepublikanischer Vergangenheit, die genauso wenig losgelöst von der europäischen und DDR-Geschichte begriffen werden kann wie umgekehrt die ostdeutsche. Alles das, was der Verfasser als »Kanzler« im Interesse der »inneren Einheit« der Deutschen und der Richtung zukünftiger Politik anders gemacht hätte, versteht sich als ebenso produktive wie utopische Anmerkungen. Hat sein Zwischenruf auch gegenwärtig wenig Aussicht, von den Verantwortlichen gehört zu werden, er wird sein späteres Echo haben. So schließt Elm mit einem Gedicht von Georg Herwegh, dessen zwei letzte Zeilen den Geist seiner streitbaren und wohltuend lesbaren Schrift treffend ausdrücken: »Drum lasst mich meiner Wege gehen!/Nicht Sturm, nicht Klippe soll mich schrecken./Die Welt, die ich im Traum gesehen,/Will ich, der Welt zum Trotz, entdecken.«
Ludwig Elm: Wenn ich einmal der Kanzler wär. Ein Zwischenruf zur deutschen Einheit. PapyRossa Verlag, Köln 2009. 184 S.,br., 14,90 €.
Quelle: https://www.nd-aktuell.de/artikel/157413.kurzrezenion.html