nd-aktuell.de / 04.12.2009 / Unten links / Seite 1

Unten links

Eine Studie der Münchner Universität besagt, dass der »moralische Imperativ der zehn Gebote« auffällig häufig in Politikerreden vorkomme. Den Feiertag heiligen – zu Zeiten der Ladenschluss-Anarchie. Vater, Mutter ehren – zu Zeiten des hemmungslosen Egoismus. Vom Erreichbaren nicht nehmen, so viel man meint, sich gönnen zu müssen – in Zeiten von Ackermann. Zehn Gebote sagen: Sei nicht, was du von deiner gefährdeten Natur her sein könntest. Wirklichkeit aber zischt in uns hinein: Sei, wie du bist, nur lass dich nicht erwischen. Beruft sich eine Gesellschaft prononciert auf die Gebote, beruft sie sich auf eine klare Ethik – wahrscheinlich, um eine wichtige Wahrheit hinter solchen Appellen zu verstecken: das reichhaltige Reservoir der Realität an Lücken, Unschärfen, Auslegungen. Der hohe Text hüllt diese Wahrheit ein. Oder, wie Gott zu Moses sagte, als er ihm die Gesetzes-Sammlung übergab: »Siehe, ich will zu Dir kommen in einer dicken Wolke.« hades