Das Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz (BMELV) organisiert im Rahmen der Grünen Woche eine dreitägige Konferenz, bei der Strategien im Umgang mit Klimawandel und Ernährungssicherheit diskutiert werden sollen. 56 Länder haben für Samstag ihre Teilnahme am Internationalen Agrarministerforum zugesagt. Anschließend sollen auf dem 2. Berliner Agrargipfel Erfahrungen und Konzepte der Länder zum Klimaschutz und Anpassungsstrategien diskutiert und schließlich ein gemeinsames Ergebnis verabschiedet werden. Die Wirtschaft will in einem eigenen Forum separat Lösungsansätze diskutieren.
Doch nicht nur das Klima ist für die Agrarwirtschaft eine Herausforderung. Das Krisenjahr 2009 habe die Bauern stark gebeutelt, schaut der Präsident des Deutschen Bauernverbandes, Gerd Sonnleitner, bei der Eröffnungspressekonferenz zur Grünen Woche am Mittwoch in Berlin zurück. Nach Großdemonstrationen und politischen Gesprächen habe die Bundesregierung auch für die Agrarwirtschaft endlich Konjunkturhilfen verabschiedet. Bauernlobbyist Sonnleitner lobte die neue Bundesregierung für die Absenkung der Agrardieselsteuer. Auch die niedrigeren Beiträge zur landwirtschaftlichen Unfall- und Krankenversicherung seien eine Erleichterung für die Bauern gewesen. Die »extremen Verluste« auf den Absatzmärkten ließen sich jedoch mit keinem politischen Programm wieder ausgleichen, so Sonnleitner weiter.
Besonders zu schaffen macht den Bauern der stetige Preisverfall. Zwölf Mal haben die Discounter 2009 die Preise gesenkt. Der Umsatz der Ernährungsindustrie fiel – bei gleicher Absatzmenge – von 156,3 Milliarden Euro im Jahr 2008 auf 149,8 Milliarden Euro 2009. Das sind ganze fünf Prozent (6,5 Milliarden Euro). Daher müsse es Gespräche mit Politik und Handel geben, so Sonnleitner.
2010 wird der finanzielle Rahmen für die europäische Agrarpolitik für die Jahre 2013 bis 2020 neu gesteckt. Auf der Messe wolle man die Diskussion um ihre künftige Ausgestaltung führen, kündigte Sonnleitner an. »Für uns ist klar: Die gesellschaftlichen Leistungen unserer Bauern müssen entsprechend honoriert werden«.
Sonnleitner verteidigte den Beitrag der Bauern zu einem »aktiven Klimaschutz«, auch wenn sechs Prozent der Emissionen in Deutschland durch die Landwirtschaft ausgelöst werden. Als Bundesagrarministerin Ilse Aigner (CSU) kürzlich den Klimaschutz in Beziehung zum Fleischverkehr gesetzt habe, sei er »irritiert« gewesen, so Sonnleitner. Zur gesunden Ernährung gehöre auch Fleisch. Wer vom Rindfleischkonsum wegen des klimaschädlichen Methanausstoßes bei Wiederkäuern abrate, »der wird auch keine gesunde Milch mehr haben«. Verzichtsempfehlungen seien gewiss der falsche Weg, das Weltklima zu retten.
Gerd Billen vom vzbv sieht das anders. Ohnehin sei der Fleischkonsum vor allem bei Männern zu hoch. Diese äßen durchschnittlich über 60 Kilogramm Fleisch im Jahr – empfohlen werden 25-30 Kilogramm. Billen kritisierte Aigner, weil sie den Anteil der Landwirtschaft am Emissionsausstoß »verniedliche«. Veränderungspotenziale würden dadurch nicht ausreichend ausgeschöpft.
Der vzbv hat ein Fünfpunkteprogramm zur Lebensmittel- und Ernährungspolitik vorgelegt. Darin fordert er unter anderem, europäische Standards in der Lebensmittelproduktion an Verbraucherinteressen und Nachhaltigkeitskriterien auszurichten. Zudem müssten Risiken bei der Lebensmittelsicherheit angemessener gewichtet und die Lebensmittelkontrolle weiter verbessert werden.
Der Verbraucherschutzverband ermahnte Bundesregierung und Lebensmittelindustrie, nicht mit dem Vertrauen der Kunden zu spielen. Stattdessen sollten staatliche und private Lebensmittelkontrolle besser miteinander verzahnt und Lebensmittelimitate gekennzeichnet werden. Bilder, die Zutaten zeigten, die nicht im Produkt enthalten sind, gehörten verboten. Auch verlangt der vzbv eine Herkunftskennzeichnung für Lebensmittel, die Einführung der Nährwertampel und die Einfärbung von Fleischabfällen.
Hoffnungen setzt der Verband in die Novellierung des Verbraucherinformationsgesetzes. Sie soll ermöglichen, dass Überwachungsbehörden wiederholt auffällig gewordene Firmen und Produkte öffentlich machen können.
Quelle: https://www.nd-aktuell.de/artikel/162961.klimaschutz-trifft-fleisch.html