nd-aktuell.de / 12.04.2010 / Sport / Seite 20

»Nichts in der Liga zu suchen«

Michael Kempter: Viel Lob bei Comeback

Christoph Ruf

In der Dritten Liga gibt es weiß Gott ungastlichere Orte als Sandhausen. Der SV von 1916 versucht sich im Schatten der 25 Kilometer entfernten TSG Hoffenheim eine Nische einzurichten. Bei den Anhängern handelt es sich um das Familienpublikum, das an anderen Standorten erst noch geworben werden muss.

Ortskundige wunderte es deshalb nicht, dass das Städtchen für das Comeback von Schiedsrichter Michael Kempter ausgewählt worden war. Als der 27-Jährige nach 92 Minuten das Spiel gegen Holstein Kiel (1:1) abpfiff und zur Kabine schritt, klatschte die Haupttribüne im Hardtwaldstadion. Den Test, wie das deutsche Fußballpublikum reagieren würde, nachdem so viel Privates öffentlich wurde, hatte das Kurpfälzer Publikum auch zuvor bestanden. Pöbeleien blieben aus, Zuschauer bekundeten, wie »tolerant« und »liberal« sie seien. Das waren die Antworten, die die Journalisten hören wollten. Die Zuschauer verhielten sich aber auch genau so. In der Presserunde, bei der die Presse keine Fragen stellen durfte, betonte Kempter, wie sehr er sich über den wohlwollenden Empfang gefreut habe.

Freitagnachmittag war bekannt geworden, dass er wieder eine Pflichtspielpartie leiten würde. Das sei keine außergewöhnlich kurzfristige Ansetzung, betonte DFB-Emissär Stephan Brause. Um Wettmanipulationen zu erschweren, setze man die Referees so kurzfristig an. Michael Kempter habe man geraten, vor dem Spiel freundlich, aber wortlos an den Journalisten vorbeizugehen. Doch die Angst vor anzüglichen Fragen war ebenso unbegründet wie die Furcht, Manfred Amerell könne persönlich vorbeikommen (weshalb ein Bodyguard engagiert worden war) oder die Sorge, das Publikum könne Schmähtransparente hissen. Auch fachlich gesehen hätte sich der Referee kaum eine dankbarere Partie wünschen können.

Auch als nach dem Seitenwechsel der Unmut über das Heimteam hochkochte, blieb Kempter souverän. »Ich hoffe, dass er noch oft Dritte Liga pfeift«, flachste Kiels Trainer Christian Wück nach dem 1:1-Endstand. Und wollte das als Kompliment verstanden wissen: »Er hat gezeigt, dass er nichts in der Liga zu suchen hat, sondern die Qualität für die erste Liga hat.«